Fragen und Antworten zum Lehrschreiben „Humanae vitae“

Hat die katholische Kirche alle Verhütungsmittel verboten?

Mit dem päpstlichen Verbot künstlicher Empfängnisverhütung hat die Enzyklika „Humanae vitae“ vor 50 Jahren einen Sturm der Entrüstung entfacht. Wir beantworten zentrale Fragen zu dem Dokument.

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Mit dem päpstlichen Verbot künstlicher Empfängnisverhütung hat die Enzyklika „Humanae vitae“ vor 50 Jahren einen Sturm der Entrüstung entfacht. Wir beantworten zentrale Fragen zu dem Dokument.

Worum geht es in der Enzyklika „Humanae vitae“?

Mit dem Lehrschreiben reagierte Paul VI. auf die in den 60er Jahren von Nordamerika ausgehende radikale Veränderung im Sexualverhalten sowie auf die Debatte um die rasch wachsende Weltbevölkerung. Durch die „Pille“ war es Frauen und Männern möglich geworden, die eigene Kinderzahl leichter zu regeln und darüber hinaus Sex zu haben, ohne unerwünschte Schwangerschaften zu riskieren. Die unkomplizierte Trennung von Sex und Fortpflanzung brachte einen Zuwachs an Freiheit, bedrohte aber zugleich das vorher relativ stabile Gefüge von Ehen und Familien. Diese Risiken wollte der Papst ins Bewusstsein rücken und sich ihnen entgegenstellen.

Hat der Papst mit dem Lehrschreiben alle Verhütungsmittel verboten?

„Humanae vitae“ erklärt, dass die Begrenzung der Kinderzahl moralisch gerechtfertigt sein kann. Allerdings betont der Text: „Jede Handlung ist verwerflich, die entweder in Voraussicht oder während des Vollzugs des ehelichen Aktes oder im Anschluss an ihn ... darauf abstellt, die Fortpflanzung zu verhindern, sei es als Ziel, sei es als Mittel zum Ziel.“ Darunter fallen „künstliche“ Verhütungsmittel wie Pille und Kondom - nicht aber die „natürliche“ Verhütung durch Beachtung des weiblichen Fruchtbarkeitszyklus.

Warum hat „Humanae vitae“ so heftige Reaktionen ausgelöst?

Die seit 1960 verfügbare „Anti-Baby-Pille“ wurde damals als ein großartiges Mittel zur sexuellen Selbstbestimmung der Frauen und ihrer Befreiung von der Last unerwünschter Schwangerschaften gefeiert. Es verhalf auch vielen Männern zu neuen sexuellen Freiheiten. Dieses Mittel für „verwerflich“ zu erklären, wurde von weiten Teilen der Öffentlichkeit als Angriff auf die persönliche Freiheit und Einmischung in ihren Intimbereich verstanden. Dies kam in Protest-Slogans wie „Sich beugen und zeugen?“ zum Ausdruck, denen sich auch liberale Katholiken anschlossen. Das Verbot von Kondomen sorgte später in der Debatte um die Eindämmung von Aids für Kritik.

Wie haben die deutschen Bischöfe reagiert?

Nach heftigem Ringen, in dem vor allem der Kölner Kardinal und frühere münstersche Bischof Josef Höffner „Humanae vitae“ verteidigte, einigten sich die deutschen Bischöfe am 30. August 1968 auf die „Königsteiner Erklärung“. In ihr nahmen sie das kirchliche Lehramt gegen Kritik in Schutz. Zugleich betonten sie, die Antwort auf die Frage, ob und unter welchen Umständen eine Geburtenregelung zulässig ist, müsse von den Ehepartnern „in gewissenhafter Prüfung nach objektiven Normen und Kriterien gesucht und gefunden werden“.

Gilt „Humanae vitae“ heute noch?

Als Enzyklika gehört Humanae vitae zum verbindlichen päpstlichen Lehramt - wenn auch nicht mit dem ausdrücklichen Anspruch auf Unfehlbarkeit. Katholiken sind verpflichtet, die darin enthaltene Lehre glaubend anzunehmen. Die Päpste Benedikt XVI. und Franziskus haben sich in Fragen der praktischen Anwendung für moralische Abwägungen im Einzelfall ausgesprochen, zugleich aber die grundsätzliche Botschaft von „Humanae vitae“ verteidigt.

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