Gelderner Schülerinnen fragen sich: Wo würde Jesus heute geboren?

Heilige Familie am Gefängnis

Die Schülerinnen der Klasse 9a der Gelderner Liebfrauenschule haben sich im Religionsunterricht überlegt, wo die Heilige Familie heute untergekommen wäre. Nicht in der St.-Maria-Magdalena-Kirche. Da sind sie sich einig.

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Wo wäre Jesus heute zu finden, wenn er in Geldern zur Welt gekommen wäre? Dieser Frage ist Joachim Domogala in den letzten Monaten des Öfteren nachgegangen. Bei seinen Besuchen auf dem Krippenwanderweg in Köln ist in dem stellvertretenden Schulleiter und Religionslehrer der Gelderner Liebfrauenschule dieser Gedanke immer wieder aufgeblitzt.

„Dort“, erzählt er, „sind neben den traditionellen Krippen auch zahlreiche politische Darstellungen zu sehen. Zum Beispiel eine Krippe auf einem Flüchtlingsboot oder auf einer Müllhalde.“

 

Neue Kulissen entwickelt

 

Der 58-jährige Pädagoge beschloss, diese Frage auch mit der Klasse 9a der Bischöflichen Gelderner Mädchenrealschule zu diskutieren. „Die Geschichte birgt bis heute immer noch viel Skandal und ist ziemlich spaßfrei: eine hochschwangere Frau, die von den Menschen in ihrer Not abgewiesen und später von den gedungenen Mördern des Herrschers verfolgt wird.“

Die 31 Mädchen der Klasse hatte Domogala schnell überzeugt. „Wir haben uns überlegt, wo die Krippen stehen könnten, und uns daran gemacht, die Kulissen zu malen“, erläutert die 14-jährige Hanna Verführt den Start des Projektes.

 

Krippen in Familien gesammelt

 

In Gruppen haben die Schülerinnen Kulissen für ihre Krippenfiguren entwickelt. Die Krippenfiguren haben sie auf Dachböden gefunden und in der Familie oder bei Freunden gesammelt. Immer wieder waren sie in der Stadt unterwegs, um nach entsprechenden Motiven zu suchen und diese zu fotografieren. Die Orte durften nicht zu heimelig sein. „Es sollten Orte sein, wo man nicht sein will, weil es eben dort nicht schön ist“, erläutert die 14-jährige Maike Richter.

„Die Menschen sollten andererseits sofort erkennen, wo die Krippe steht“, sagt Hanna. „Und wir wollten Orte finden, an denen viele Menschen unterwegs sind, vorüber gehen und auch stehenbleiben.“

 

Ausstellung ist bis Januar zu sehen

 

Als Orte wurden beispielsweise der Marktplatz, der Bahnhofsvorplatz, der Flughafen in Weeze und die Haltestelle vor dem Altenheim „Adelheid-Haus“ gewählt. Beeindruckt hat sie die Mauer der Justizvollzugsanstalt in Pont mit der Aufschrift „Sehnsucht“. Daran wird ihr Prinzip deutlich. In der JVA will kein Mensch sein, der in Freiheit lebt. Gerade deshalb muss nach Meinung der Schülerinnen dort eine Krippe stehen.

In einem zweiten Schritt wurden die Krippenfiguren und die fotografierten Hintergründe kombiniert. Zwölf moderne Krippenkonstellationen sind auf diese Weise entstanden. Mit den fertigen Kunstwerken haben die Schülerinnen bei zahlreichen Geschäftsleuten in Geldern nachgefragt, ob sie sich vorstellen, könnten, diese Arbeiten auszustellen. Die Resonanz war sehr ermutigend. Die Schülerinnen haben ihre zwölf Krippen in Geschäften rund um den Markt untergebracht. Dort sind sie bis nach Weihnachten zu sehen.

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