CDU-Generalsekretär, Attac-Mitglied und Stuttgart-21-Vermittler

Heiner Geißler ist tot

Heiner Geißler, langjähriger Generalsekretär der CDU, Stuttgart-21-Schlichter und Attac-Unterstützer, ist im Alter von 87 Jahren gestorben. Das teilte die CDU Rheinland-Pfalz am Dienstag mit.

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Heiner Geißler, langjähriger Generalsekretär der CDU, Stuttgart-21-Schlichter und Attac-Unterstützer, ist im Alter von 87 Jahren gestorben. Das teilte die CDU Rheinland-Pfalz am Dienstag mit.

Nach eigenem Bekunden war der gelernte Jurist mehr ein Zweifler als ein Glaubender. Ob Gott existiere, so Geißler, wisse kein Mensch, „das weiß auch der Papst nicht“. Zugleich betonte er: „Ich glaube an das Evangelium und an Jesus.“ Der dreifache Vater, der in der Pfalz lebte, war auch in seinen letzten Jahren vielfach öffentlich präsent. Er gab Interviews, äußerte sich zu aktuellen Themen und ließ sich bei Veranstaltungen im Bistum Speyer blicken.

 

Bruch mit Helmut Kohl

 

Nicht mehr blicken ließ er sich im gut 60 Kilometer entfernten Ludwigshafen-Oggersheim - bei Helmut Kohl. Zu dessen Beisetzung in Speyer war er allerdings gekommen. Unterschiedliche Auffassungen und Charakterstrukturen hatten seit Mitte der 1980er Jahre zu Konflikten und schließlich zum Bruch geführt. 1989 musste Geißler als Generalsekretär zurücktreten.

Das hinderte ihn nicht, ein Mahner seiner Partei zu bleiben. Er wollte die CDU als Volkspartei neuen Typs und eine Programmatik, die den Kapitalismus so zähmt, dass er die Demokratie nicht frisst. „Was wir dringend brauchen, ist mehr Verantwortung bei allen, die Macht und Einfluss haben. Freiheit ist nicht wichtiger als Gerechtigkeit. Beide sind gleichwertig.“ Und für beides stand Geißler.

 

Vier Jahre im Jesuitenorden

 

Das Abitur hatte der in Oberndorf am Neckar geborene Katholik am Jesuiten-Kolleg Sankt Blasien im Schwarzwald abgelegt. Anschließend trat er dem Jesuitenorden für vier Jahre bei. In der CDU war Geißler zunächst Landesvorsitzender der Jungen Union in Baden-Württemberg und saß dann von 1965 bis 1967 erstmals im Bundestag. 1967 wurde er Sozialminister in Rheinland-Pfalz und zu Beginn der Regierung Kohl 1982 für drei Jahre Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit. Dem Bundestag gehörte er erneut von 1980 bis 2002 an.

Auch nach seiner parteipolitischen Laufbahn blieb Geißler ein Mahner, der die CDU wiederholt vor „Kleingeisterei“ warnte. Wirtschaftspolitisch entfernte er sich zunehmend von seiner Partei und trat auch der globalisierungskritischen Vereinigung Attac bei.

 

Schlichter bei Stuttgart 21

 

Zudem schlichtete er bei Tarifkonflikten und auch im Streit um das Bahnprojekt Stuttgart 21. Sein Schlichterspruch ebnete den Weg zur Umsetzung des Bahnprojekts, bezog aber viele Anregungen der Kritiker ein. In der Debatte um den US-amerikanischen Whistleblower Edward Snowden plädierte Geißler dafür, „ihm zu helfen“ und Asyl anzubieten.

An die 20 Bücher veröffentlichte Geißler und befasste sich dabei mit der Modernisierung der Gesellschaft, aber auch mit der katholischen Soziallehre und der Bibel. Seine letzte größere Publikation erschien 2017. Darin setzte er sich äußerst kritisch und scharf mit der christlichen Theologie und der Frage eines Lebens nach dem Tod auseinander. Er verlangte von den Kirchen, „ehrlich zu sein und zu sagen: Wir wissen nicht, ob es ein Leben nach dem Tod gibt, aber wir hoffen darauf, und wer nicht an Gott glauben kann, ist kein Sünder“.

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