Neue Hoffnung für Opfer sexuellen Missbrauchs auf zügige Aktenfreigabe?

Hemel: Verwaltungsgericht fördert schnellere Aufarbeitung

Was muss sich ändern, damit Missbrauchsfälle schneller aufgeklärt werden können? Wie können Opfer leichter Einsicht in ihre Akten erhalten? Professor Ulrich Hemel, Vorsitzender des Bundes Katholischer Unternehmer, hat dazu Vorschläge gemacht.

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Strukturelle Veränderungen zur Überprüfung kirchlichen Handelns fordert Professor Ulrich Hemel, Vorsitzender des Bundes Katholischer Unternehmer: „Das Ausmaß der Verbrechen, die das Gutachten zum Missbrauch in der Katholischen Kirche darlegt, ist erschütternd“, erklärt Hemel am Montag in einer Pressemitteilung des Verbandes für ethische Wirtschafts- und Sozialpolitik, Köln. „Hier müssen die weitere Aufklärung der Taten, soweit möglich die Strafverfolgung der Täter, und die Entschädigung und Begleitung der Opfer im Vordergrund stehen.“

Professor Dr. Dr. Ulrich Hemel | Foto: pd
Professor Dr. Dr. Ulrich Hemel | Foto: pd

Darüber hinaus seien strukturelle Veränderungen erforderlich. So müsse es möglich sein, das Verwaltungshandeln von Kirche wie beispielsweise die Versetzung eines Priesters in eine neue Gemeinde zu überprüfen. „Wir brauchen ein kirchliches Verwaltungsgericht, das wie in der ordentlichen Gerichtsbarkeit das Handeln kirchenamtlicher Stellen einer rechtlichen Überprüfung unterzieht“, beschreibt Hemel.

Dieser Vorschlag einer kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit ist nicht neu. „In den 1970er Jahren gab es Pläne, die 1983 bei der Neufassung des kirchlichen Gesetzbuches (Codex Iuris Canonici) nicht den Weg in das Kirchenrecht gefunden haben. Dort findet sich heute zwar der Anspruch der Gläubigen auf kirchlichen Rechtsschutz, es sind aber keine entsprechenden Organe dafür entwickelt“, ergänzt Hemel.

 

Eingaben könnten nicht mehr in Aktenschränken verschwinden

 

Ein solches Gericht habe die Möglichkeit, bei Organisationsverschulden und fehlerhaften Entscheidungen Korrekturen vorzunehmen. Dann würden Eingaben, wie in der Missbrauchsaffäre offenbar geschehen, nicht länger in Aktenschränken verschwinden. Die Beschwerdeführer könnten vielmehr ihre Auskunftsansprüche und Verfahrensrechte auf dem Klageweg geltend machen. „Mit dem in der ordentlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit vorhandenen Instrument der Untätigkeitsklage kann beispielsweise dem Verschleppen und Verhindern eines Verfahrens entgegengetreten werden. So etwas brauchen wir auch für die katholische Kirche“, betont der BKU-Vorsitzende.

 

Macht abzugeben, bedeute überprüfbare Entscheidungen

 

Eine solche Gerichtsbarkeit ist auch von Bedeutung, wenn es um die Zusammenlegung von Pfarreien oder andere strukturelle Entscheidungen gehe. „Solche Maßnahmen müssen die Kirchenmitglieder heute hinnehmen, ohne dass sie von einer neutralen Instanz überprüft werden können“, kritisiert Hemel. „Wenn Papst Franziskus die Forderung aufstellt, dass die Bischöfe und Pfarrer von ihrer Macht abgeben müssen, gehört dazu sicherlich auch, ihre Entscheidungen einer Überprüfung zu unterziehen.“

Die gegenwärtige Krise sei ein Weckruf zum Handeln, um Vertrauen wiederherzustellen. Eine solche Verwaltungsgerichtbarkeit sein im Übrigen nicht nur ein wichtiges Instrument für die ortskirchliche Ebene. „Auch eine internationale Instanz würde der Rechtskultur, die in der Kirche traditionell einmal sehr ausgeprägt war, wieder zu neuer Blüte verhelfen“, ist Hemel sicher. „Bei Predigten, Ermahnungen und Schuldbekenntnissen allein darf es nicht bleiben. Jetzt ist es an der Zeit Veränderungen herbeizuführen.“

Dem 1949 gegründeten Bund Katholischer Unternehmer e.V. (BKU) BKU gehören mehr als 1.000 Inhaber-Unternehmer, Selbstständige und leitende Angestellte an. Der BKU ist in 34 Diözesangruppen gegliedert. In den Arbeitskreisen des Verbandes entstehen innovative Konzepte zur Wirtschafts- und Sozialpolitik und zur werteorientierten Führung. Der BKU wirkt als Schnittstelle zwischen Wirtschaft, Kirche und Politik.

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