Corona-Pandemie bringt neben technischen und organisatorischen auch menschliche Herausforderungen

Herz-Jesu-Krankenhaus in Münster-Hiltrup: Ruhe vor dem Sturm?

Das Herz-Jesu-Krankenhaus in Münster-Hiltrup hat die vergangenen Tage genutzt, um sich auf einen Anstieg der Corona-Patienten vorzubereiten. Die derzeitige Situation ist wie eine Ruhe vor dem Sturm.

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Es ist etwas ruhiger geworden auf den Fluren des Herz-Jesu-Krankenhauses in Münster-Hiltrup. Nicht, dass der Betrieb ruht. Es kommen immer noch Menschen in die Notaufnahme, Patienten mit schweren Krankheiten werden versorgt, Kinder werden geboren. Aber alles, was an Behandlungen und Operationen verschoben werden konnte, wurde verschoben. Die Zeit wird genutzt, um sich auf das vorzubereiten, was da kommen kann. Die Unsicherheit über den weiteren Verlauf der Corona-Pandemie ist spürbar.

Krankenhausseelsorger Andreas Garthaus nennt die Atmosphäre auf den Fluren und Zimmern „skurril“. „Wie die Ruhe vor dem Sturm, bei dem keiner weiß, wie heftig er wehen wird.“ Die Arbeit mit Menschen in medizinischen Notsituationen ist für keinen im Haus Neuland, sagt er. „Diese Ungewissheit schon.“ Anspannung ist da, aber kein Stress oder gar emotionale Überforderung. Das haben er und seine Mitstreiter in der Krankenhausseelsorge in den vergangenen Tagen in vielen Gesprächen erfahren. „Hier wissen alle, dass auf uns eine Ausnahmesituation zukommen kann, die wir nicht kennen, aber meistern können.“

 

Es herrscht professionelle Anspannung

 

Dass sie professionell aufgestellt sind, daran hat Pflegedirektor Magnus Engeln keinen Zweifel. „Wir haben die Zeit genutzt, um zu schulen, zu informieren und auch um auszuruhen.“ Freizeitausgleich im Vorfeld der sich ankündigenden Mehrbelastung. Auch organisatorisch und technisch wurde umgeplant. Ein größerer Teil der insgesamt etwa 350 Betten stehen für Corona-Patienten zur Verfügung, Isoliermöglichkeiten wurden geschaffen, die derzeit zehn Intensivbetten können aufgestockt werden. „Diese Maßnahmen nehmen auch den Mitarbeitern Sorgen und Unsicherheiten“, sagt er. „Ängste oder Hektik erlebe ich keine – wohl eine professionelle Anspannung.“

Andreas Garthaus
Andreas Garthaus ist Seelsorger im Herz-Jesu-Krankenhaus in Münster-Hiltrup. | Foto: Michael Bönte

Wenngleich die Bilder etwa aus den Krankenhäusern in Italien oder Spanien in den Köpfen präsent sind, weiß Karl-Heinz Deters. Der Pflegeleiter der Intensivstation ordnet sie aber ein: „Was die Medien transportieren sind Extrem-Situationen, die wir hoffentlich nicht erleben werden.“ Mit jedem Corona-Patient komme eine Aufgabe auf die Mitarbeiter im Herz-Jesu-Krankenhaus zu, deren Handgriffe und Maßnahmen keinem fremd seien. „Wir werden damit qualifiziert und routiniert umgehen können.“

 

Qualifizierte Arbeit mit Menschlichkeit

 

Was nicht heißt, dass der Umgang mit den Patienten mit unterschiedlich schweren Verläufen automatisiert ablaufen wird. „Professionell heißt nicht technisches Abfertigen“, sagt Deters. „Wir gehen immer als Menschen ans Krankenbett, nicht nur als Pfleger oder Mediziner. „Auch wenn es in manchen Fällen erst einmal darum geht, Leben zu retten – die Zuwendung gehört genauso zu unseren Aufgaben.“ Gerade in einer Zeit, wo Besuchs-Möglichkeiten intensiv eingeschränkt sind, erlebt er bei den Patienten dafür besonderen Bedarf.

Das Leitwort des Krankenhauses „Mit Kompetenz und Zuwendung“ sei keine Floskel, sagt Krankenhausseelsorger Andreas Garthaus. Für ihn werde gerade in dieser Situation deutlich, dass sich im Herz-Jesu-Krankenhaus über Jahrzehnte eine Atmosphäre entwickelt habe, in der nicht nur medizinisches Fachwissen, sondern auch menschliche Nähe wichtigen Stellenwert besitze. „Das hat sicher christliche Wurzeln, wird aber auch heute noch von der ganzen Belegschaft mitgetragen – nicht fromm, eher solidarisch.“

 

Auch die Mitarbeiter werden an Grenzen kommen

 

Das zeigt sich auch darin, dass er sich in den vier Jahren, in denen er jetzt Seelsorger im Haus ist, nie als Fremdkörper gefühlt hat. „Ich war immer Teil eines multiprofessionellen Teams.“ Pfleger oder Mediziner kommen mit Fragen auch auf ihn zu, bei denen sie bei ihm die richtigen Antworten vermuten – neben ethischen Anliegen vor allem mit persönlichen Dingen. Diese Nähe wird ihm in den kommenden Wochen helfen, die insgesamt etwa 1000 Mitarbeiter und ihre Sorgen im Blick zu behalten, wenn körperliche und seelische Belastungen steigen. „Bei aller Professionalität sind es Menschen – sie werden menschlich reagieren.“

Intensivpfleger Karl-Heinz Deters gibt zu, dass er daheim derzeit öfter über die anstehenden Aufgaben im Krankenhaus nachdenkt, als er das sonst tut. Die wichtige Trennung von Arbeit und Freizeit gelingt in anderen Zeiten besser. Er geht aber auch sonst mit einem Gebet in jeden Tag, um „nicht einfach so in die Arbeit zu purzeln“. In diesen Wochen spielt der Gedanke an den Corona-Virus dabei immer eine Rolle.

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