Delegierte stimmen Grundsatzpapier in Erster Lesung mit 83 Prozent zu

"Historisch": Synodalversammlung für Zulassung von Frauen zur Weihe

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Für viele in der Kirche und allemal in der Gesellschaft ist die Sache klar: Geschlechtergerechtigkeit ist eine Selbstverständlichkeit. In der katholischen Lehre über die Zulassung etwa zum Priestertum sieht das noch ganz anders aus. Die Synodalversammlung in Frankfurt hat jetzt in Erster Lesung übergroße Zustimmung dazu signalisiert, dass sich daran mit Blick auf das geistliche Amt etwas ändern muss. 

Vor der Mittagspause noch hatten ein Bischof und eine Frau gemeinsam gepredigt: In der Eucharistiefeier aller Synodalen hatte die Doppelspitze des Synodalen Wegs, Bischof Georg Bätzing und Irme Stetter-Karp, eine Dialog-Predigt gehalten.

Wenig später folgte so etwas wie eine formale Bestätigung dieses symbolträchtigen Bildes: Mit überwältigender Mehrheit hat sich die Synodalversammlung in Frankfurt für eine Öffnung der kirchlichen Ämter für Frauen positioniert. Knapp 83 Prozent der Synodalen stimmte in Erster Lesung dem Grundtext zu; 174 der 210 abgegebenen Stimmen nahmen ihn an, bei den eigens ausgewiesenen nicht-männlichen Synodalen waren es 62 von 67. Insgesamt 30 Delegierte lehnten das Grundsatzpapier ab, davon vier nicht-männliche.

Bei insgesamt 109 Klerikern unter den Synodalen ist damit klar, dass auch eine Mehrheit von ihnen Reformen bei der Zulassung von Frauen zu kirchlichen Ämtern wollen. Der ausgiebige Applaus am Ende der Abstimmung war wohl eine Mischung aus Freude, Stolz und Erleichterung. Und er zeigte deutlich: Hier ist etwas Großes gelungen.

Bode unter innerer Anspannung

Wie sensibel gerade dieses Thema des Synodalen Wegs ist, zeigte Bischof Franz-Josef Bode, einer der Vorsitzenden des entsprechenden Forums, gleich zu Beginn. "Ich stehe hier mit innerer Anspannung angesichts des hohen öffentlichen Interesses in Kirche und Gesellschaft", bekannte Bode, der zugleich Vize-Präsident des Synodalen Wegs ist. Es gehe dabei um viel, um "wahrlich kontroverse Fragen", genauer um die "Grundlage für sehr entscheidende Fragen der Zukunft unserer Kirche".

Seine Co-Vorsitzende, die Münsteraner Theologie-Professorin Dorothea Sattler, äußerte einerseits ebenfalls Sorge, "dass es nicht gelingen könnte, die zu Recht Ungeduldigen im Gespräch mit denen zu halten, die aus unterschiedlichen Gründen Bedenken äußern". Andererseits "gab es noch niemals in der Geschichte der Kirche die Gelegenheit, öffentlich über diese Fragen zu sprechen". 

"Nicht Teilhabe ist begründungspflichtig, sondern der Ausschluss"

In der vorangegangenen Aussprache wurde denn auch über weite Strecken deutlich, dass Geschlechtergerechtigkeit, für die die Kirche im gesellschaftlichen Kontext weltweit eintritt, auch für sie selber und für die Zugänge zum geistlichen Amt gelten müssen. "Nicht die Teilhabe von Frauen an allen kirchlichen Diensten und Ämtern ist begründungspflichtig", heißt es in der Einleitung des Grundtextes, "sondern der Ausschluss von Frauen vom sakramentalen Amt".

Margit Eckholt, Dogmatik-Professorin in Osnabrück, betonte aber zugleich, dass es dabei um ein theologisches Grundthema gehe, "nämlich um die Frage danach, was Gott heute will". Daher stehe auch eine Prüfung lehramtlicher Aussagen an. Demgegenüber warnte die Philosophie-Professorin Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz davor, dass durch derartige Überlegungen die "normative Schöpfungsordnung verblasst", die Polarität von Mann und Frau verschwinde.

Maria 1.0: Fühle mich nicht diskriminiert

Unterstützung erhielt Gerl-Falkovitz von Dorothea Schmidt, die zu der konservativen Initiative "Maria 1.0" gehört. Sie betonte: "Ich fühle mich als Frau und Mutter nicht unfrei oder diskriminiert, wenn nur Männer Priester werden können." Auch die Wiener Theologin Marianne Schlosser sagte, sie fühle sich als Frau nicht ungerecht in der katholischen Kirche behandelt. "Wir haben uns die Kirche nicht ausgedacht, genauso wenig die Menschwerdung des Sohnes Gottes, ebenso wenig die Sakramente". Der Konter kam wenig später von der Theologiestudentin Svenja Stumpf: "Frauen, die sich nicht ausgegrenzt fühlen, werden sich wahrscheinlich nicht mehr ausgegrenzt fühlen, wenn sie mehr Rechte hätten."

Und der Regensburger Dogmatik-Professor Erwin Dirscherl betonte, die Unterschiedlichkeiten von Mann und Frau würden nicht eingeebnet. "Aber was uns verbindet, ist unser Menschsein." Wenn Gottes Wort Mensch geworden sei, würden die geschlechtlichen Unterschiedlichkeiten sekundär. "Bei allem Respekt vor dem Lehramt: Es geht um die Repräsentanz der Menschlichkeit Gottes."

Jugend: Wir haben mehr als zwei Geschlechter

"Wir haben unterschiedliche Geschlechter, aber mehr als zwei!" Darauf wies Viola Kohlberg, Vorsitzende der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg im Bistum Augsburg. "Die Sicht der Kirche geht zu 100 Prozent an der Realität junger Menschen vorbei", beklagte sie. "Wir brauchen in der Kirche 100 Prozent Geschlechtergerechtigkeit, und zwar für alle Geschlechter."

Darüber hinaus aber stieß der Grundtext auf überwältigende Zustimmung. Von einem "Meisterstück der Theologie" sprach die aus Harsewinkel stammende Erfurter Dogmatik-Professorin Julia Knop. Mit Blick auf Frauen in geistlichen Ämtern anderer Konfessionen fragte sie: "Sollte Gottes Wille in der altkatholischen oder den protestantischen Kirchen ein anderer sein als in der römisch-katholischen?"

Tiefensee: Bahnbrechend und beschämend zugleich

Der Priester und emeritierte Philosophie-Professor Eberhard Tiefensee sprach ebenso von einem "bahnbrechenden Text", der allerdings spät komme: "Wir sind beschämt, dass wir uns erst hier und im 21. Jahrhundert so ausführlich mit diesem Thema beschäftigen müsse." Es werde Zeit, dass die Kirche "ihr Versagen bekennt, dass sie sich wieder nicht an die Spitze des Kampfes für Geschlechtergerechtigkeit gestellt hat".

Ulrike Göken-Huismann, Geistliche Leiterin der Katholischen Frauengemeinschaft in Deutschland, freute sich über einen "großartigen Text", auf den viele Frauen "sehr lange, manchmal verzweifelt, wütend, traurig gewartet haben". Das Dokument eröffne "endlich eine Zukunft für Frauen in der Kirche, die von Gott eine Berufung zu allen Ämtern haben." Gar von einem "seit 2.000 Jahren überfälligen, historischen Moment" sprach Birgit Mock, Vizepräsidentin des Katholischen Deutschen Frauenbundes.

Philippa Rath: Schuldbekanntnis nötig

Genauso sah das die Benediktinerin Philippa Rath. Sie gab überdies zu bedenken: "Es könnte an der Zeit sein, dass wir als Kirche auch ein Schuldbekenntnis gegenüber den Frauen ablegen." Das weltkirchliche Engagement für Menschenrechte und die Würde der Frau "hätte um ein Vielfaches mehr an Autorität, wenn wir in der Kirche alle Ämter öffnen würden". 

"Ich blicke auf eine 41-jährige Verletzungsgeschichte in dieser Kirche zurück", bekannte die Lüdinghauser Franziskanerin Katharina Kluitmann aus Münster. "Viele andere, viele ältere Frauen haben Fürchterliches in der Kirche erlebt - und zwar nicht für irgendetwas, sondern nur dafür, dass sie Frauen sind." Frauen und Männer seien unterschiedlich, aber diesen Reichtum "können wir einbringen in das kirchliche Amt - als Beichtmütter und als Frauen, die der Eucharistie vorstehen".

"Gnadengaben dürfen nicht verloren gehen"

Für die "einfachen Leute" wollte Schwester Nicola Maria Schmitt sprechen. Sie würden schlicht übersehen in ihrem Bedürfnis danach, die Sakramente zu empfangen. "Diese Gnadengaben dürfen nicht verloren gehen, nur weil wir zu wenige Menschen haben, die sie spenden dürfen."

Und der Bundeswehroffizier und Militärhistoriker Burkhard Köster sagte: "Ich bin theologischer Laie. Aber ich habe kein überzeugendes Argument gehört, das gegen Geschlechtergerechtigkeit in der Kirche auch in dieser Frage spricht."

Ackermann: Kreative Verblüffung

Und die Bischöfe? Helmut Dieser (Aachen) sagte, er habe bei der Lektüre viel gelernt. Aber es blieben für ihn Fragen zurück, weil er in der Verschiedenheit der Geschlechter eine "Sinnstiftung Gottes" erkenne. Letztlich müsse darüber ohnehin ein Konzil entscheiden. Gregor Maria Hanke (Eichstätt) sah den Vorstoß des Synodalen Wegs im Kontrast zur geltenden Lehre der Kirche. Er könne die Zentralforderung nicht mittragen.

Stephan Ackermann (Trier) wies darauf hin, dass die Diskussion in der Weltkirche "sehr genau wahrgenommen" werde. Auch wenn es dort eine "kreative Verblüffung" angesichts der Position des Synodalen Wegs geben dürfe, sei es doch auch dessen Aufgabe, "das Unsrige so in den weltkirchlichen Kontext einzubringen, dass es annehmbar ist". Er forderte weitere Arbeiten am Text. 

Meier: Ekklesialer Realismus

Peter Kohlgraf (Mainz) berichtete von Erfahrungen mit jungen Menschen darüber, "wie wenig tragfähig noch die Argumente der Tradition" sind. Ihn treibe der Gedanke um, "wie wir die Zeichen der Zeit mit einer guten, überzeugenden Theologie verbunden bekommen".

Bertram Meier (Augsburg) sprach sich für "ekklesialen Realismus" aus. Auch er rief dazu auf, "die Ungleichzeitigkeiten in der Weltkirche wahrzunehmen". Durch eine zu starke Öffnung könne sich die Ökumene vor allem mit den Ostkirchen verschlechtern.

Overbeck: Lehramt vor dem Sprung

Als einen "sehr differenzierten Text" schließlich würdigte Franz-Josef Overbeck (Essen) den Grundtext. Er mache deutlich, "dass wir vor einem Sprung der römisch-katholischen Lehre stehen". Die Weltkirche entwickle sich zwar sehr unterschiedlich. Dennoch sei klar: "Für die westliche Welt müssen wir diesen Schritt tun. Wir brauchen darüber hinaus ein neues Einheits-Format, sodass wir in einer Differenziertheit die eine Kirche sein können."

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