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Die Geschichten vom Aufbruch erster Schwestern in die USA und nach Polen und ihre Hoffnungsbotschaft. Eine Serie im Heiligen Jahr.
Demokratie ist aktuell ein heiß diskutiertes Thema – und ein sehr komplexes. Greifbar wird es für mich, wenn ich frage: Was würde mir eigentlich fehlen – ohne Demokratie? Was würde uns allen fehlen – ohne unser Grundgesetz? Zum Beispiel ohne den Artikel 4, der uns Glaubens- und Gewissensfreiheit zusichert und ausführt: „Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.“
Die Geschichte unserer internationalen Ordensgemeinschaft bietet viele Antworten auf diese Fragen. Angefangen bei unserem Gründer, Franziskanerpater Christoph Bernsmeyer. Als die Truppen Napoleons 1811 Münster besetzten, hoben sie das Franziskanerkloster auf. Das bedeutete für Pater Christoph, keine Heimat und keine brüderliche Gemeinschaft mehr zu haben. Eine neue Heimat fand er schließlich in Telgte, wo er 1844 unsere Ordensgemeinschaft gründete.
150 Jahre Präsenz in den USA
Für die Mauritzer Franziskanerinnen spielte die Politik auch weiterhin eine große Rolle. So wütete vor 150 Jahren der Kulturkampf in Preußen. Die 1875 erlassenen Klostergesetze bedrohten die Existenz der Ordensgemeinschaften, auch unserer in Münster. Daher war unsere damalige Generaloberin offen für die Bitte von Bischof Peter Joseph Baltes aus Alton im US-Bundesstaat Illinois, Schwestern für die Krankenpflege nach Amerika zu senden.
Im Oktober 1875 machten sich 20 unserer Schwestern von Münster aus mutig auf den Weg – ohne Kenntnis der englischen Sprache oder der amerikanischen Kultur, aber mit großer Hoffnung auf die Demokratie, auf ein freies Leben als Ordensschwestern im Dienst Gottes und der Menschen. Diese Hoffnung ging auf: Kurz nach ihrer Ankunft gründeten sie vier Krankenhäuser und die erste katholische Krankenpflegeschule der Vereinigten Staaten; viele weitere Gesundheitseinrichtungen folgten. Dieses Jahr feiern wir unsere 150-jährige Präsenz in den USA gemeinsam mit fast 13.000 Mitarbeitenden in 13 Krankenhäusern, die etwa zwei Millionen Menschen jährlich versorgen. Dafür danken wir Gott, unseren Schwestern – und der Demokratie.
Ordensleben hinter dem Eisernen Vorhang
Politische Verfolgung gab es auch in unserer Polnischen Provinz. Bereits 1848 gingen einige Mauritzer Franziskanerinnen ins damalige Schlesien, um die Opfer einer Typhus-Epidemie zu versorgen. Sie blieben, bauten ein Waisenhaus und Krankenhäuser, gründeten eine eigene Ordensprovinz.
Doch nach dem Zweiten Weltkrieg beschlagnahmten die kommunistischen Machthaber die Krankenhäuser und vertrieben die Schwestern. Viele Mitglieder anderer Orden wurden damals in Arbeitslager geschafft; ein schlimmes Schicksal, dem die Mauritzer Franziskanerinnen nur entgingen, weil die damalige Provinzoberin niederländische Staatsbürgerin war und das Mutterhaus unter den Schutz der niederländischen Königin stellte. Trotzdem war das religiöse Leben hinter dem Eisernen Vorhang extrem hart, und die Generaloberinnen aus Münster hatten 35 Jahre lang keine Möglichkeit, ins schlesisch-polnische Provinzhaus zu reisen.
Der Kern einer gesunden Demokratie