De Maizière nennt Work-Life-Balance „abstrus“

Homeoffice mit Hafermilch-Kaffee: Kirchentagspräsident kritisiert Gen-Z

  • Der Kirchentagspräsident Thomas de Maizière zeigt sich in der „Zeit“-Beilage „Christ und Welt“ kritisch über die Lebenseinstellung vieler Menschen in der Generation Z.
  • Nicht jeder könne mit Mitte zwanzig drei, vier Tage die Woche zu Hause arbeiten, um gegen 22 Uhr bei Lieferando noch einen Champagner zu bestellen, so der CDU-Politiker.
  • Die Spaltung ärgere ihn. Polizisten und Krankenschwestern müssten trotzdem jeden Tag zur Arbeit gehen und auch nachts arbeiten.

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Thomas de Maizière (69), Präsident des Evangelischen Kirchentags in Nürnberg, hält nichts von Work-Life-Balance. „Schon der Begriff ist abstrus. Als gehörte Arbeit nicht zum Leben“, sagte der frühere Bundesinnenminister im Interview der „Zeit“-Beilage „Christ und Welt“ (Mittwoch). Der ganze Marxismus habe Arbeit als zentralen Punkt für die Erklärung des Menschseins gesehen. „Und heute soll er auf einmal ein Gegensatz zum Leben sein? Die Balance zwischen Arbeit und Muße, ja. Aber nicht zwischen Leben und Arbeit.“

Kritik übte der CDU-Politiker an einer Anspruchshaltung von vielen der sogenannten Generation Z, zu denen gut Ausgebildete im Alter zwischen 20 und 30 Jahren gezählt werden. Ihn ärgere, dass sie zu viel an sich dächten und zu wenig an die Gesellschaft. „Am siebten Tage sollst du ruhen, heißt es in der Bibel. Das bedeutet ein Verhältnis von sechs zu eins. Und nicht, dass die Freizeit überwiegt.“

„Bei Lieferando Champagner bestellen“

De Maizière zeigte sich überzeugt, dass eine Gesellschaft auf diese Weise nicht funktionieren werde: „Mit Mitte zwanzig drei, vier Tage die Woche zu Hause arbeiten, um gegen 22 Uhr bei Lieferando noch einen Champagner zu bestellen. Und der Lieferant in prekären Arbeitsverhältnissen radelt mit der Flasche im November durch den Regen, darf dann hochsteigen in den fünften Stock. So entsteht keine soziale Gesellschaft.“

Der Protestant räumte ein, dass dies zwar klischeehaft dargestellt sei; doch es sei zu fragen, was passiere, wenn sich alle so verhielten und ob das auch ginge, wenn man kein Einfamilienhaus der Eltern erbe.

De Maizière: Nicht jeder kann so arbeiten

Schon die Spaltung ärgere ihn, so de Maizière. Da seien die einen, die im Homeoffice seien, und dann die Polizisten, die raus müssten, oder Krankenschwestern mit Nachtbereitschaft. Sie könnten sich keinen Cappuccino mit Hafermilch machen, wenn sie Lust dazu hätten. Sie dürften ihren Kaffee erst trinken, wenn Pause sei.

Zugleich sagte der CDU-Politiker, er halte viel von dem Vorschlag des Bundespräsidenten, ein Pflichtjahr einzuführen. Dieses müsse nicht auf 18-, 19-Jährige beschränkt sein. Es sollte länger sein als ein Schnupperpraktikum: „Jedem bekommt es, einfach mal etwas für die Gemeinschaft zu tun.“

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