Themenwoche „Assistierter Suizid“ (2) - Haus Hannah, Emsdetten

Hospiz statt assistierter Suizid - Lebensqualität bis zum Lebensende

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Im Hospiz Haus Hannah in Emsdetten setzen sich die Mitarbeiter mit dem Thema „Assistierter Suizid“ auseinander. Der Gedanke, dem Leben aktiv ein Ende zu setzen, widerspricht aber dem Hospizgedanken im Kern. Aber auch dort ist zu spüren, dass sich durch die öffentliche Diskussion die Atmosphäre im Umgang mit dem Thema verändert.

Es gab bereits eine Anfrage an das Haus Hannah in Emsdetten. Sie kam von außen, nicht von einem Gast in dem Hospiz. Der stellvertretende Pflegedienst- und Hospizleiter der Einrichtung kann sich gut an den Wunsch erinnern, der an sie herangetragen wurde. „Der Mensch, der Kontakt zu uns gesucht hatte, war lebensmüde und suchte nach einem assistierten Suizid in einer geschützten Umgebung“, sagt Dirk Pauly.

Das „Nein“ von der Stiftung St. Josef in Emsdetten, dem Träger der Einrichtung, war einhellig und wurde vom Team des Hospizes mit Überzeugung mitgetragen. „Weil es nicht zu unserem Selbstverständnis passt.“ Die Mitarbeiter von Haus Hannah sehen sich als Begleiter eines Sterbeprozesses, mit dem Ziel, die Lebensqualität bis zum Tod hochzuhalten. Dem Leben aktiv ein Ende zu setzen, widerspricht diesem Grundgedanken. „Da herrschte sofort Konsens unter uns.“

Auf der Agenda der Gesellschaft

Die Anfrage zeigt aber, dass das Thema „Assistierter Suizid“ durch die öffentliche Auseinandersetzung immer mehr auf die Agenda der Gesellschaft kommt. „Die Hemmschwelle, sich damit auseinander zu setzen, ist gesunken“, sagt Pauly. „Es ist kein Tabu-Thema mehr, keine Möglichkeit nur in anderen Ländern, es ist hier bei uns und jetzt eine Konfrontation.“

Im Haus Hannah kennen die Mitarbeiter die Not am Ende eines Lebens. Wer dort einzieht, bleibt bis zu seinem Tod. „Physische und psychische Belastungen der Gäste können groß sein.“ Ängste, Schmerzen oder schwindende Kräfte können zum kaum auszuhaltenden Ballast werden. Für alle – für die kranken Menschen genauso wie für Angehörige, Pfleger und Betreuer vom Haus Hannah. Der Gedanke, diesem Leiden durch einen vom Gast selbstgewählten Tod ein Ende zu setzen, wäre nachvollziehbar, wurden bislang aber noch nie konkret und nachdrücklich geäußert. „Als ein Gast einmal in seiner Not einen Sterbewunsch äußerte, war dieser Wunsch nach der Gabe eines Schmerzmittels schon nach einer Stunde nicht mehr aktuell.“

Möglichst viel Lebensqualität

Darin wird die Grundidee der Hospizarbeit deutlich, sagt Pauly. „Wir nutzen alle Möglichkeiten der Palliativmedizin, der palliativ pflegerischen Versorgung und der Tagesgestaltung, um der Zeit des Gastes in unserem Haus möglichst viel Lebensqualität zu geben.“ Die Wünsche und Notwendigkeiten sind individuell, unterscheiden sich stark. „Manchmal ist es das Fußballspiel im Bezahlfernsehen, die Musiktherapie oder ein Gespräch, das zur Ruhe kommen lässt.“ Manchmal reichen solche Maßnahmen aber nicht aus. Dann können auch sedierende Medikamente zum Einsatz kommen, um etwa trotz schwerer Atemnot schlafen zu können.

Pauly weiß, dass es in einer Einrichtung wie im Haus Hannah außergewöhnliche Voraussetzungen für diese Versorgung gibt. Allein 24 Pflegekräfte, zehn Hauswirtschafterinnen, zwei Mitarbeiter des sozialen Dienstes und viele ehrenamtliche Helfer kümmern sich um zehn Gäste. „Das sieht in anderen Einrichtungen sicher oft ganz anders aus.“ Dass etwa in großen Altenpflegeheimen oder Krankenhäusern die Möglichkeiten geringer sind, das Lebensende lebenswert zu gestalten, könne Anfragen nach einem assistierten Suizid wahrscheinlicher machen.

Nach Urteil: Diskussion wird weitergehen

„Wo es keine Kapazitäten und Möglichkeiten gibt, Schmerzen und Ängste zu nehmen, ist der Wunsch nach Erlösung davon wahrscheinlicher“, bringt Pauly das auf den Punkt. Zudem wird sich in den kommenden Jahren die gesellschaftliche Atmosphäre im Umgang mit dem Thema verändern, ist er sich sicher. „Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum selbstbestimmten Sterben als Persönlichkeitsrecht hat eine Entwicklung angestoßen, in dem diese Form des Suizids immer mehr zu einem realistischen Szenario werden kann.“

Pauly selbst sagt, dass keiner im Haus Hannah sagen könne, wie sie in zehn Jahren mit dem Thema umgehen werden. „Viele Fragen und viele Antworten werden sich weiterentwickeln.“ Wie normal und häufig wird der Wunsch nach einem selbstbestimmten Suizid werden? Wie werden sich Kirchen und ihre Einrichtungen positionieren, von einem Mainstream absetzen können? Wie groß kann der Druck durch Gäste und Patienten werden?

Paradigmenwechsel ausgeschlossen?

Die bislang einzige Anfrage an sein Team hat eine interne Auseinandersetzung angestoßen. „Uns ist noch einmal deutlich vor Augen geführt worden, worum es uns im Kern geht.“ Das wird ein Prozess bleiben, sagt Pauly. „Bei dem wir uns immer wieder im Gespräch zusammen mit diesen Fragen befassen müssen.“ Denn die Antworten werden schwierig bleiben und können nur gemeinsam getroffen werden – mit allen Mitarbeitern, Gästen und Angehörigen.

Zu einem Paradigmenwechsel dürfe es aber nicht kommen. Vor dem Hintergrund des christlichen Menschenbildes genauso wenig wie aus dem Grundverständnis der Hospizarbeit: „Der Lebenswert am Ende des Lebens wird weiter unser zentrales Ziel bleiben, nicht das vorzeitige Ende eines Lebens aufgrund einer fehlenden Lebensqualität.“

Haben Sie Suizidgedanken? Hier gibt es Hilfe
Menschen mit Suizidgedanken können sich an die Telefonseelsorge wenden. Sie ist unter den Rufnummern 0800 / 111 0 111 und 0800 / 111 0 222 täglich rund um die Uhr erreichbar, berät kostenfrei und anonym. Der Anruf findet sich weder auf der Telefonrechnung noch in der Übersicht der Telefonverbindungen wieder. Es gibt auch eine E-Mail-Beratung. Sie läuft über die Internetseite der Telefonseelsorge und ist daher nicht in Ihren digitalen Postfächern zu finden. Hier geht es zur Telefonseelsorge.

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