Früherer Behindertenbeauftragter der Bundesregierung

Hubert Hüppe: Kirche sollte bei Inklusion Vorreiter sein

Bei der Inklusion von Menschen mit Behinderung sollte die katholische Kirche nach Ansicht des ehemaligen Behindertenbeauftragten der Bundesregierung, Hubert Hüppe, Vorbild für andere sein.

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Bei der Inklusion von Menschen mit Behinderung sollte die katholische Kirche nach Ansicht des ehemaligen Behindertenbeauftragten Hubert Hüppe Vorbild für andere sein. In einem Interview mit der Bistumszeitung „Kirche+Leben“ aus Münster sagte Hüppe: „Wir müssen in der katholischen Kirche die Ersten sein, die Inklusion umsetzen.“ Dazu gehöre eine Barrierefreiheit in den Kirchen, „auch wenn hier schon viel passiert ist“.

Hüppe forderte, es sollten Gebetbücher in Punktschrift ausliegen. Nötig wären auch Gebärden-Dolmetscher – „zumindest in den großen Gottesdiensten“. Eine weitere Idee seien Gottesdienste in leichter Sprache: „Es wäre doch toll, wenn wir gemeinsam Eucharistie feiern; wir sind doch eine Gemeinde!“

 

„Teilhabe ist rückläufig“

 

Die Teilhabe von Menschen mit Behinderung sei sogar rückläufig, seitdem in Deutschland seit 2009 die UN-Behindertenrechts-Konvention gilt. „Damals gab es eine Aufbruchsstimmung für eine inklusive Gesellschaft. Doch jetzt, nach zehn Jahren, sind so viele Menschen in Sondereinrichtungen wie nie zuvor“, erklärte der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete. Behinderte Menschen würden von Nicht-Behinderten weiterhin von Kind auf getrennt.

Inklusion gelte „fast schon als Unwort“. Viele Menschen würden sagen, sie seien natürlich für Inklusion. Anschließend würden sie aber erklären, warum es bei ihnen nicht gehen würde. Hüppe beklagte, diskriminiert würden Menschen mit Behinderung bereits im Kindesalter, da sie nicht dieselbe Einrichtung wie ihre Altersgenossen ohne Behinderung besuchen würden. „Natürlich brauchen diese Kinder besondere Förderung. Das Prinzip der Inklusion ist aber, dass die Förderung dem Menschen folgt und nicht andersherum.“

 

Kritik an Sondereinrichtungen

 

Das System der Sondereinrichtungen lehnte Hüppe ab, denn dort würden Menschen mit Behinderung immer unter sich bleiben. „Inzwischen ist es eine sich selbsterhaltende Wertschöpfungskette und ein Geschäft: Förder-Kindergarten, Förderschule, Werkstatt, Wohnheim“, sagte der ehemalige Behindertenbeauftragte der Bundesregierung.

Dadurch würden Menschen mit und ohne Behinderung „in getrennten Lebenswelten“ leben, sodass Menschen ohne Behinderung nicht wüssten, wie sie mit Menschen mit Behinderung umgehen sollen: „Viele haben Berührungsängste – nicht, weil sie böse sind, sondern weil sie Angst haben, etwas falsch zu machen. Wenn aber ein Unternehmer nicht weiß, wie man einen blinden Menschen oder einen Menschen ohne Arme begrüßt, weil er es nie gelernt hat, wird er ihn auch nicht einstellen.“

 

Bis 2013 Behindertenbeauftragter

 

Hubert Hüppe war von 1991 bis 2009 und von 2012 bis 2017 Bundestagsabgeordneter der CDU. Von 2009 bis 2013 war der heute 62-Jährige Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen.

Das Interview im Wortlaut sowie Hintergründe zum Thema auf drei Seiten lesen Sie in der „Kirche+Leben“-Ausgabe Nr. 4 zum 27. Januar lesen, die Sie hier bestellen können.

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