Eine anlässlich des Jubiläums "1.000 Jahre Christianisierung der Kiewer Rus" gemalte Ikone holt die Massentaufe im Dnjepr ins Bild und rückt das Geschehen in einen heilsgeschichtlichen und historischen Zusammenhang. Zwar stehen Wolodymyr und seine bereits 955 in Konstantinopel getaufte Großmutter Olha im Zentrum. Doch sie stehen mit vielen späteren slawischen Heiligen wie den Slawenaposteln Kyrill und Method nicht allein, sondern in prominenter Begleitung des Apostels Andreas, durch den eine personale Verbindung in die Lebenszeit Christi erstellt werden soll.
Auf einer um 1700 gemalten Ikone wird diese Programmatik durch die Legende manifestiert, dass der Apostel Andreas einst selbst die Gegend besucht und den Ort des späteren Kiews, von wo sich das Christentum ausbreiten sollte, durch ein aufgerichtetes Kreuz bestimmt habe.
Früh verehrte Heilige
Im Bestreben um eine Selbständigkeit gegenüber dem Metropoliten von Konstantinopel lassen Ikonen Olha als „Neue Helena“ (Mutter von Kaiser Konstantin, die das Kreuz Christi in Jerusalem fand) und Wolodymyr als neuen Konstantin (der römische Kaiser legte die Grundlagen für die Ausbreitung des Christentums) ins Bild treten.
In Aufnahme des antiken Motivs als Apostel im Kreise der Jünger Christi ist Wolodymyr dargestellt. Es ist eine Form der Übertragung von Glaubensgeschichte und Staatslegitimation in den Ikonen abzulesen.
Andere Ikonen zeigen als Verehrungsgegenstände mit den Fürstensöhnen Boris und Gleb die ersten kanonisierten slawischen Heiligen. Als „Leidensdulder“ wurden sie früh verehrt, zeigt die Ausstellung.
Ikonen aus dem „Kiewer Höhenkloster“
Mit Ikonen des aus unterirdischen Asketenbehausungen hervorgegangenen, 1051 gegründeten „Kiewer Höhenkloster“ gelangt die Ausstellung zum Abschluss. „Es entwickelte sich sehr rasch zum größten und angesehensten Kloster auf dem Gebiet der Rus und hatte eine überragende religiöse, kulturelle und wirtschaftliche Bedeutung“, so Rickelt. Das Kloster sei „für das ukrainische Volk ein spiritueller Ort und kulturelles Denkmal von nationaler Bedeutung“.
Auf den Bilddarstellungen scharen sich viele Heilige (unter den Mönchen hat Rickelt auch die heilige Barbara entdeckt) um die nach Plünderung und Zerstörung durch die Mongolen im 13. und 14. Jahrhundert und einem Brand im 17. Jahrhundert im ukrainisch-barocken Stil wiederaufgebaute Kathedrale. Von ihr berichtet eine Ikone nach einer Legende, dass die Gottesmutter selbst den Bauleuten die Patronatsikone ihres Entschlafens überreicht habe.
„Wir zeigen keine politische Ausstellung“, erklärt Museumsleiter Rickelt. „Aber wir wollen die eigene Geschichte der Region und Kultur herausarbeiten.“
Die Sonderausstellung „Weißt Du von jenen Heiligen? Das Christentum in Kiew und der Ukraine“ des Ikonen-Museums (Kirchplatz 2a, Recklinghausen) wird bis zum 5. Januar gezeigt und ist dienstags bis sonntags 11 bis 18 Uhr, an Heiligabend und Silvester bis 14 Uhr geöffnet. Eintritt: 6 Euro (ermäßigt 3 Euro), Kinder unter 14 Jahren frei, mittwochs nach eigenem Ermessen; Internet: www.ikonen-museum.com.