Ein Inklusives Angebot der Caritas-Werkstätten Langenhorst

Im Café Knitterfrei in Ochtrup servieren Menschen mit Behinderung

Wer ins Café Knitterfrei in Ochtrup kommt, kann sich nicht nur Kaffee und Kuchen servieren lassen. Die Menschen mit Behinderung, die dort arbeiten, mangeln auch die Wäsche der Kunden.

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Ein Pott Kaffee und ein belegtes Brötchen – mit Schinken und Käse. Daniel Hermanns kennt die Wünsche von Annie Rickeshennich. Sie ist Stammgast im Café Knitterfrei in Ochtrup. Und er ist ein alter Hase im Service. Seit fünf Jahren arbeitet er zusammen mit etwa 15 weiteren Menschen mit Behinderung als Kellner in dem Angebot der Cartitas-Werkstätten Langenhorst. Der Kontakt zwischen den beiden ist mittlerweile ein herzlicher geworden. Es gibt nicht nur Essen und Trinken, sondern immer auch einen kurzen Plausch.

„Hier ist es anders lebhaft als in anderen Cafés“, sagt Rickes­hennich. Das erklärt sie so: „Betriebsam, manchmal auch etwas komplizierter – aber ruhig, ordentlich und immer angenehm menschlich.“ Die 77-Jährige kennt einige Mitarbeiter auch aus der heimischen Bauernschaft. Das passt zur familiären Atmosphäre zwischen Kuchentheke und weißen Tischdecken.

 

Viel Betrieb an den Markttagen

 

Eigentlich ist der Betrieb gar nicht so beschaulich. Bis zu 100 Gäste tummeln sich an einem Tag in den Räumen nur wenige Schritte entfernt von der Fußgängerzone der Stadt. Gerade an den Markttagen machen viele den Schlenker zum „Knitterfrei“ eine Straße weiter. Dort ist man raus aus dem Trubel. Und bleibt trotzdem mitten im Leben.

Denn das Angebot geht weit über Frühstück, Mittagstisch und Kuchenrunde hinaus. Wer will, kann auch seine frisch gewaschene Wäsche mitbringen. Während der Kunde an seinem Kaffee nippt, wird ein Raum weiter sein Tischtuch oder die Bettwäsche gemangelt. „Knitterfrei“ bekommt er es dann wieder. Auch im angrenzenden Laden mit Arbeiten aus den Werkstätten der Caritas lässt sich die Wartezeit verkürzen.

 

Mangeln, servieren, kassieren

 

Daniel Hermanns ist in allen Bereichen im Einsatz. Mal zieht er Laken aus der heißen Mangelmaschine, um es mit einem Kollegen zusammenzulegen. Ein anderes Mal steht er an der Kasse oder sortiert Ware. „Am liebsten aber bin ich Café“ sagt er. „Weil mir der direkt Kontakt zu den Menschen so viel Spaß macht.“ Gerade an Montagen gibt es viel zu erzählen. Vom Wochenende, von seinem Lieblingsverein SSV Ochtrup und von seinem Einsatz als Stadionsprecher dort.

Dass ihm die Arbeit im Service so liegt, hat er schon früh gemerkt. „Gastronomie war von Anfang an mein Favorit“, sagt der 29-Jährige. Seit zehn Jahren arbeitet er in den Werkstätten und hat dabei Praktika in den verschiedenen Arbeitsbereichen gemacht. „Schreinerei und Gärtnerei waren auch schön – in der Küche aber war es am Schönsten.“ Als dann vor fünf Jahren das „Knitterfrei“ eröffnet wurde, war er einer der ersten, der unbedingt mitmachen wollte.

 

So funktioniert Inklusion

 

„Pure Inklusion“ beschreibt Alexander Lürwer die Idee für das Angebot. „Nah an den Kunden und in direkter Konkurrenz zu anderen Anbietern.“ Der Leiter der Caritaswerkstätten Langenhorst sieht darin die große Chance, Mitarbeiter für den ersten Arbeitsmarkt zu qualifizieren. Dass sie dabei auf ein so vielseitiges Angebot setzen, hat einfache Gründe. „Nur das Café allein wäre schwer zu organisieren gewesen – es hätte für die Mitarbeiter sonst Leerläufe gegeben.“

Die gibt es nicht, weil in den drei Arbeitsbereichen immer etwas zu tun ist. Sitzt gerade kein Gast am Tisch, wartet der Mangelauftrag für Tischdecken aus einem Restaurant. Ist der erledigt, sucht ein Kunde im Laden nach einem Geburtstags­geschenk. Die Angebots-Palette hat sich herumgesprochen. Vor allem aber die zentrale Besonderheit der Angebote, sagt Lürwer: „Hier arbeiten Menschen, die mit Herzblut bei der Sache sind.“ Für sie sei der Arbeitstag keine lästige Pflicht, sondern „Erfüllung“. Die Gäste spüren das und kommen deshalb bewusst hierher.

 

Kuchen in der stabilen Seitenlage

 

Das sagt auch Christiane Fremann. Sie ist Betreuerin im „Knitterfrei“ und hat noch kein Mal erlebt, dass es zwischen Mitarbeitern und Kunden zu Spannungen gekommen ist. Im Gegenteil: „Wir bekommen oft gespiegelt, wie liebevoll-konzentriert der Service hier ist.“ Vielleicht fällt hier etwas öfter das Tortenstück auf dem Teller um als in anderen Cafés, sagt sie. „Dann aber wird gelacht.“ Spätestens beim Witz von der „stabilen Seitenlage des Kuchens“ lachen auch die Kunden mit.

Passt das auf einen Markt, auf dem viele den perfekten Coffee to go erwarten? „Es ist eher eine Lücke auf diesem Markt“, sagt Fremann. Diese Lücke haben sie und ihr Team vor fünf Jahren voller Selbstbewusstsein gefüllt: „Bauchschmerzen hatte ich nie – ich weiß ja, was meine Leute können.“ Die Auswahl für die Belegschaft dauerte aber einige Zeit. „Wir wollten niemanden mit der Situation überfordern – erst die richtigen Talente finden.“ Denn die Arbeitssituation sei noch ein Stück „realitätsnäher“ als in anderen Werkstattbereichen.

 

Ehrlich und höflich

 

Diese Wirklichkeit sieht oft so aus wie bei den Besuchen von Petra Ostendorf. Wenn sie aus Ahaus-Alstätte zum Shoppen nach Ochtrup kommt, gehört das Frühstück im „Knitterfrei“ dazu. „Weil das hier außergewöhnlich ist.“ Sie fühlt, dass die Mitarbeiter nicht „aus Höflichkeit“ herzlich sind. „Sondern aus Ehrlichkeit.“ Nicht die absolute Professionalität steht im Vordergrund, sagt sie. „Vielmehr die offene Ausstrahlung.“ Mit der schmecken ihr der Kaffee und das Käsebrötchen besonders gut.

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