Berufe in der Kirche – Teil 7: Die Pfarrsekretärin

Im Pfarrbüro schlägt das Herz der Pfarrei

Fast jeder kennt sie, die Pfarrsekretärin – nicht nur die Aktiven in den Pfarrgemeinden, auch diejenigen, die nur selten Kontakt zur Kirche haben. Tanja Antepohl schätzt die Vielseitigkeit ihrer Arbeit

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Den festen Tagesplan kann sie vergessen. Als Tanja Antepohl das Pfarrbüro aufschließt, weiß sie das. Zwar liegen einige Dinge auf ihrem Schreibtisch, die jeden Tag dort liegen. Es wird aber auch viele Ereignisse geben, auf die sie spontan reagieren muss. „Das ist so“, sagt die Pfarrsekretärin von St. Sebastian in Münster-Nienberge. „Und das ist auch gut so.“

Es ist die Abwechslung, die sie an ihrem Job liebt. Und die kommt vor allem von den vielen Begegnungen. „Wo Menschen sind, da gibt es auch Überraschungen“, sagt die 41-Jährige. Seit zehn Jahren sind diese fester Bestandteil ihres Arbeitsalltages. Ihre Ausbildung zur Kauffrau für Büro-Kommunikation hat sie im Bischöflichen Generalvikariat in Münster gemacht, danach zehn Jahre bei der Katholischen Landvolkbewegung gearbeitet.

 

Ein Arbeitsplatz in der Heimat

 

In Nienberge genießt sie seither Heimvorteil, denn dort hat sie immer gelebt. Das hat ihr von Anfang an geholfen, den Überblick zu bewahren. Dass sie den braucht, wird auch heute deutlich. Kaum hat sie begonnen, den Pfarrkalender zu aktualisieren, die Übersicht der Finanzen zu ergänzen und Texte für die Pfarrnachrichten zu schreiben, kommen schon neue Terminanfragen: die Seniorengemeinschaft möchte eine Veranstaltung bekannt geben, ein Paar sucht einen Trauungstermin für Juni 2020, und der Küster fragt, ob es noch etwas zu erledigen gibt.

Gibt es. „Am Sonntag ist plattdeutscher Gottesdienst auf dem Schützenfest in Häger“, sagt sie in den Hörer. „Du musst aber nur die Sachen in eine Tasche packen – ich nehme sie dann mit.“ Nicht nur, dass sie Mitglied im Schützenverein ist, der Altar wird auch auf dem Hof ihrer Großmutter aufgebaut. Heimvorteil eben.

 

Nur wenig Ruhe

 

Für einige Momente kehrt etwas Ruhe ein. Antepohl nutzt sie für die Zusammenstellung der Termine, die in „Kir­che+Leben“ veröffentlicht werden sollen. Doch das Klingeln des Telefons unterbricht sie wieder. Seelenämter werden bestellt, ein Priester der Pfarrei meldet sich aus dem Urlaub zurück und muss auf den neusten Stand gebracht werden. Eine gute Möglichkeit für Antepohl, zeitgleich ihre Frühstückspause zu machen.

„Ach ja – die Pfarrnachrichten!“ Die müssen im Dorf jetzt schnell verteilt werden. Zu Fuß dreht Antepohl ihre Runde: Wochenmarkt, Apotheke, Bäcker… Zurück im Büro fällt ihr ein, dass die Liedanzeige in der Kirche noch defekt ist. Auch darum kümmert sie sich sofort, telefoniert mit der Wartungsfirma und wechselt später die Batterien des Geräts.

 

Menschlichkeit statt Bürokratie

 

„Alltag“, sagt Antepohl, als sie am Mittag die Tür des Büros hinter sich abschließt und mit dem Fahrrad zur Familie nach Hause fährt. Ein Alltag, den es genau so nicht wieder geben wird. „Denn der nächste sieht schon wieder anders aus.“ Oft genug betreten dabei auch Menschen ihr Büro, die mit Sorgen kommen. „Für sie bin ich nicht selten das Gesicht der Kirche, das sie als erstes sehen“, sagt sie. „Wenn ich dann nicht sensibel reagiere, färbt das schnell auf ihre grundsätzliche Meinung ab.“

Trauerfälle gehören zu diesen Momenten. „Das ist eine Extremsituation für die Angehörigen, da kann ich nicht einfach nur organisatorisch denken, da will ich menschlich handeln.“ Wie kürzlich, als die jungen Töchter im Pfarrbüro standen, um die Trauerfeier für ihren verstorbenen Vater zu bestellen, und einige Tränen flossen. „Ich habe sie in den Arm genommen, auch weil ich ihre Familie aus Nienberg kannte.“ Auch das gehört zum Heimvorteil.

 

Von allem etwas

 

„Ich bin ein wenig von allem“ sagt Antepohl. „Sekretärin, Jugendleiter, Hausmeister, Seelsorger, Küster…“ Und das über den Feierabend hinaus. Als kürzlich spät am Abend der Anruf der Ferienlager-Leiter kam, dass sie den Schlüssel für den Materialkeller brauchten, fuhr sie sofort mit dem Fahrrad los. Natürlich gab sie den Schlüssel nicht nur ab, sondern half den Jugendlichen noch lange, die Kisten und Kartons einzulagern. „Ich war doch selbst lange Zeit in der Jugendarbeit aktiv.“ Heimvorteil verpflichtet auch.

Warum sitzt sie nicht in einem Büro, in dem sie weniger Aufgabenbereiche hat und nach Feierabend ihre Ruhe? „Nee“, antwortet sie ohne Zögern. „Auch wenn das auch noch sicherlich besser bezahlt würde.“ Ihr würde etwas Entscheidendes fehlen: „Das Gemeinschaftgefühl.“ Das, was für sie das Leben in St. Sebastian ausmacht.

"Wertschätzung für das, was der andere tut.“ Es werde ihr oft gesagt, dass ihr Einsatz nicht selbstverständlich sei. Ob im Büro, in der Kirche, im Pfarrzentrum oder auf ihren vielen Wegen durch das Dorf.

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