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Wir übersehen Gott häufig. Wie er sich uns trotz alledem zeigt, sagt Maren Holetzke und legt die Lesungen dieses Sonntags aus.
Manchmal frage ich mich: Würde ich Jesus erkennen, wenn er direkt vor mir steht – im Hier und Heute? Ich habe so viele Geschichten über ihn gehört, von dem, was er getan hat, was er gesagt hat. Ich habe durch seinen zeitlichen und örtlichen Kontext ein ungefähres Bild vor Augen, wie er ausgesehen haben mochte. Aber bin ich dadurch nicht vielleicht auch ein wenig voreingenommen?
Als ich mich mit den Schriften zu diesem Sonntag auseinandergesetzt habe, fiel mir zuerst die Freude auf, passend zum dritten Advent mit seinem Ruf „Gaudete“ – „Freut euch“. Jubel und Freude über den Sieg Gottes, über Rettung und Frieden. Während die Freude in der Lesung des Alten Testaments ganz deutlich zu spüren ist, ist sie im Evangelium einer fragenden Erwartungshaltung gewichen.
Gott ist Anlass für Freude
Die Lesungen vom 3. Adventssonntag / Lesejahr C zum Hören finden Sie hier.
In der Lesung aus dem Alten Testament erscheint Gott als strahlender Held. Er zeigt seine Zuwendung und Liebe eindrucksvoll, indem er die Feinde vertreibt und die lebensbedrohende Gefahr bannt. Das ist ein Anlass zur Freude für das ganze Volk. Eine solche Freude, wie sie der Text transportiert, kann ich mir gut vorstellen, mit ausgelassen feiernden Menschen, mit Gesang und Tanz und Feierlichkeiten.
Gottes Handeln wird unmittelbar spürbar. Gott und Menschen freuen sich, nur die Ausdrucksweise unterscheidet sich deutlich: Während auf der einen Seite Jubel ertönt, ist es auf der anderen Seite still, aber nicht weniger freudvoll.
Gott übersteigt alles Verstehen
Auch im Brief an die Philipper spielt die Freude eine zentrale Rolle, allerdings ist hier noch kein konkretes, freudiges Ereignis eingetreten, dies soll in naher Zukunft geschehen. Die Töne des Textes klingen ruhiger. Die Menschen leben mit Sorgen und Ängsten, aber anders als in der ersten Lesung schweben sie nicht in akuter Bedrohung.
Was geschehen soll, wird alles menschliche Verstehen übersteigen. Bis dahin sollen die Menschen sich freuen, sollen an ihrem gütigen Handeln festhalten, sollen beten und Gott danken. Aus dem sehr greifbaren Erretten Gottes im Alten Testament wurde ein etwas abstrakteres Kommen Gottes und aus der unbändigen Freude und dem Jubel, eine größere Zurückhaltung.
Und trotzdem große Unsicherheit…