Kaplan Joachim Brune betet Sonntagnachmittags mit Gläubigen im Chat

In Emsdetten gibt es Gottesdienste per Messenger aufs Handy

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Joachim Brune ist seit knapp 100 Tagen Kaplan im Seelsorgeteam der Pfarrei St. Pankratius, Emsdetten. Dort lädt der 36-Jährige erstmals zu einem Gottesdienst per Messenger-Dienst „WhatsApp“ ein. Bis zu einer Stunde beten und singen die Gottesdienstbesucher über den Chat auf dem Handy. Für Kaplan Brune stehen die Menschen im Vordergrund, in Sachen Datenschutz verweist er auf klare Kommunikation.

Herr Kaplan Brune, wie sind Sie auf die Idee gekommen, Gottesdienste per WhatsApp anzubieten?

Es ist jetzt nicht die klassische Form. Da passt vielleicht das Stichwort „Digitalisierungsschub“ durch Corona ganz gut, wodurch sich viele seelsorgliche Angebote ins Netz verlagert haben. Im März war ich noch in Recklinghausen in der Gemeinde St. Peter im Einsatz, da wollte ich den Menschen eine Möglichkeit anbieten während des Lockdown Gottesdienst zu feiern. Gottesdienst per WhatsApp hat zwei Vorteile: Gläubige können aktiv mitmachen, indem sie auch Gebetsanliegen in den Chat schreiben, und wir sind gleichzeitig eine Gebetsgemeinschaft.

Mit Matthias Grammann, dem Leiter des Duisburger Jugendzentrums Areopag, hatte ich im Februar einen „sublan“-Gottesdienst initiiert. Da sind wir in einer Kirche vor Ort und online gleichzeitig mit Live-Stream und Chat-Funktion. Das hatte eigentlich noch nichts mit Corona zu tun, sondern mit der Art und Weise, wie Jugendliche heute kommunizieren. Das Konzept stammt von einer evangelischen Gemeinde. Der Pfarrer, der mit seinem Team diese Plattform entwickelt hat, hatte den richtigen Riecher.

Ich wollte diese Erfahrung runterbrechen, und da war WhatsApp für mich das Mittel der Wahl. Optimieren kann man immer, ein Nachteil ist zum Beispiel, dass maximal 20 Personen mitmachen können, sonst wird es zu unübersichtlich.

Wie funktioniert denn ein Gottesdienst per Whats App?

Kaplan Joachim Brune | Foto: pd
Kaplan Joachim Brune | Foto: pd

Wir verabreden uns zu einer festen Zeit, in Emsdetten starten wir am Sonntag um 13.30 Uhr. Ich lade die Menschen ein zu Beginn ein Foto von ihrem Gebetsplatz in die Gruppe zu schicken, das können Fotos sein mit Blick nach draußen, oder eine angezündete Kerze mit einem Kreuz und der Bibel davor. Dadurch fühlen wir uns verbunden. Ich spiele auch Lieder ein über You-Tube-Links, das Gotteslob ist zum Glück online gut vertont. Außerdem nenne ich die Bibelstelle des Sonntags, dann wissen alle Beschied, was auf sie zukommt.

Im Prinzip ist es eine klassische Schriftbetrachtung, angeleitet über die Chatfunktion. Bibelteilen per Handy, wenn man so will. Das ist ein bunter Chat mit Gedanken, die einem so auffallen. Gebetsanliegen können reingeschrieben werden, dann folgt das „Vater Unser“ und ein Abschlussgebet. In Recklinghausen haben wir so 45 Minuten bis eine Stunde zusammen gebetet, das hängt aber von der Gruppe ab, wie man auch in den Austausch kommt.

Was nehmen Sie von so einem Gottesdienst mit?

In Recklinghausen waren meist junge Erwachsene mit dabei. Corona war ein bestimmendes Thema, aber dadurch, dass man sich so intensiv mit einem Bibeltext beschäftigt hat, haben sich die Teilnehmer ganz konkret gefragt: „Was hat diese Stelle für Auswirkungen auf mein Leben?“ Das hat mich nachdenklich gemacht, auch in Bezug auf die klassischen Predigten, wie wir sie sonst halten. Mich hat dieser Austausch, diese Unterhaltung mit den Teilnehmern sehr berührt: „Welche Gedanken haben die Teilnehmer, welche habe ich selber?“

Was sagen Sie Menschen, die die Meinung vertreten, „so ein Gottesdienst ist kein richtiger Gottesdienst“?

Ich meine, letzten Endes sollte alles im Leben Gottesdienst sein. Überall wo Menschen beten sich in Gottes Sinn versammeln, gilt Jesus Wort „wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ Genau das passiert da auch, nur eben per Handy.

Und wie steht´s mit dem Datenschutz?

Wenn ich kein WhatsApp mehr benutzen dürfte, wäre ich bei den Jugendlichen raus. Dann könnte ich nicht mehr arbeiten. Corona fordert solche Lösungen ein. Ich spiele mit offenen Karten, die Leute wissen, dass das Angebot über WhatsApp läuft und die Telefonnummern sichtbar sind. Bei anderen Anbietern muss man datenschutzrechtlich auch genau hinschauen.

Das Ziel, gemeinsam Gottesdienst zu feiern, überwiegt für mich. Die Nähe zu den Menschen steht im Vordergrund.

Wie kann man teilnehmen?

Interessierte schicken einfach eine WhatsApp-Nachricht mit Vornamen und Namen an 0151/517 835 04. Dann werden sie in die WhatsApp-Gruppe für den Gottesdienst eingeladen. Mit der Nachricht erklären sie sich damit einverstanden, dass ihre Daten gespeichert und auch für die anderen Teilnehmende in der Gruppe sichtbar sind.

UPDATE: Ergänzt um letzte Frage und Antwort (07.11.2020, 14:00 Uhr, mn)

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