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Seit Aschermittwoch brennen in der Pfarrei St. Sixtus „Lichter gegen das Vergessen“ aus Enttäuschung über den Stand der Aufarbeitung im Missbrauchsskandal. 448 Gemeindemitglieder haben die Möglichkeit genutzt, in einer symbolisch errichteten Klagemauer Botschaften ihrer Wut und Enttäuschung, aber auch Zettel mit Gebeten hineinzulegen. Mehr als 1.300 Halterner beteiligen sich an einer Online-Petition, mit der die Pfarrei Stellung gegen die Missstände in der Kirche bezieht.
Seit Aschermittwoch brennen in den zehn Kirchen der Pfarrei St. Sixtus in Haltern Kerzen mit der Inschrift „Lichter gegen das Vergessen“. In einem abendlichen Gottesdienst an Aschermittwoch in der Pfarrkirche St. Sixtus wurden die Kerzen an einer Feuerschale entzündet, in der Zettel von Gemeindemitgliedern aus der symbolisch errichteten Klagemauer verbrannt wurden.
Zusammen mit einem Stein aus der Klagemauer werden die Kerzen als dauerhaftes Symbol der Mahnung weiterbrennen, verdeutlichte Pfarrer Michael Ostholthoff die symbolische Handlung. 448 Gemeindemitglieder nutzten in den Tagen vor Aschermittwoch die Möglichkeit, in den Nischen der Klagemauer Zettel mit ihren Botschaften, Wünschen und Gebeten hineinzulegen.
Klage über fehlende Kirchenreformen
Viele von ihnen äußerten ihren Unmut, ihre Wut und Enttäuschung zum Thema Missbrauchsskandal und bemängelten den fehlenden Willen zu Kirchenreformen. Die Botschaften waren zum Teil kurz und nur mit einem Wort versehen. Einige Zettel enthielten aber auch ausführliche Botschaften.
„Die Texte drücken Resignation aus, etliche aber auch Hoffnung. Fest steht: Es muss sich etwas verändern“, fasste Ostholthoff die Beiträge zusammen.
Forderung nach einem Bußgottesdienst
Im Gottesdienst wurden mehrere Botschaften verlesen, wie diese: „Ich schäme mich für die Ignoranz der Kirche. Wie kann man so etwas tun und dann schweigen?“ Oder: „Wann wird endlich ein großer Bußgottesdienst begangen?“ Auf einem Zettel standen die Worte: „Was ist nur aus unserer Kirche geworden?“
Rund hundert Rückmeldungen erwarten konsequente Handlungen und fordern ein Schuldbekenntnis der Schuldigen und Vertuscher. Erwartet wird eine zügige Gleichstellung der Frauen in der Kirche und ein Ende des Pflichtzölibats.
Meinungsbild für die Bistumsleitung
Entzündet wurden die „Lichter gegen das Vergessen“ aus verbrannten Zetteln, die zuvor in die Klagemauer hineingelegt wurden. | Foto: Johannes Bernard
Eine Dokumentation aller Beiträge der Klagemauern in der Pfarrei St. Sixtus in Wort und Bild wird Bischof Felix Genn übersandt. Übermittelt werden ebenso die Ergebnisse der Petition „Wir beziehen Stellung“.
Darin beklagen Pfarreirat, Kirchenvorstand und das Seelsorgeteam die ungenügende Aufklärung der Kirche bei sexualisierter Gewalt. Die Petition richtet sich an Bischof Felix Genn. Sie soll ihn ermutigen, an der Seite der Betroffenen zu stehen.
1.300 Halterner unterzeichnen Petition
In der Petition heißt es: „Wir haben genug von den Vertuschungen, Vertröstungen und dem ständigen Kreisen um den eigenen Schutz. Wir fordern eine konsequente Aufarbeitung im Missbrauchsskandal sowie aktiven Opferschutz und endlich eine angemessene Entschädigung für die Opfer.“ Mittlerweile haben mehr als 1.300 Gemeindemitglieder die Petition unterzeichnet, wie es im Gottesdienst hieß.
Thema des Aschermittwochsgottesdienstes in Haltern war außerdem der Krieg in der Ukraine. Die Gebete galten besonders auch den Menschen in dem kriegsgebeutelten Land. „Unschuldige Menschen sterben im Krieg. Wir dürfen sie wie alle Leidenden nicht vergessen“, sagte Ostholthoff.