Frömmigkeit auf neuen Wegen (2) - Pfarrei St. Antonius von Padua

Interaktiv und experimentell - neue Liturgie-Formen in Rheine

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Die Kirche gehörte früher selbstverständlich dazu – von den Festen im Jahreslauf bis hin zu prägenden Ereignissen im individuellen Leben. Heute sind die kirchlichen Bezüge lockerer geworden – was jedoch nicht bedeuten muss, dass die Menschen weniger gläubig sind. Die Stadtpfarrei St. Antonius von Padua in Rheine bringt in der Liturgie Tradition und Experiment zusammen. Das Ziel: Besucher aus verschiedenen Milieus sollen eine Botschaft für sich aus den Gottesdiensten mitnehmen.

In der Stadtpfarrei rechts der Ems hat es fast schon Tradition, mit Traditionen zu brechen. Seit einigen Jahren gestaltet ein Team aus Hauptamtlichen und ehrenamtlich Engagierten die Liturgie um die hohen Feiertage anders, „aber mit gewohnten Elementen“, wie der Pastoralreferent Tobias Plien betont.

Die visuell-digitale Installation „Eternal Dream“ vom weltweit ausstellenden Konzeptkünstler Simon Weckert zu Ostern dieses Jahres war nur ein Höhepunkt: Vor einer Leinwand in der Basilika konnten die Besucher per Knopfdruck einen weißen, digitalen Schattenabdruck von sich in den Himmel fliegen lassen. Ein symbolträchtiges Bild für den Teilnehmer, der, wenn er es so deuten wollte, seinen Flug in Gottes Unendlichkeit virtuell auf dem Handy nachvollziehen konnte.

Experimentelles Angebot

Was der Traum vom Fliegen mit der Botschaft der Auferstehung zu tun hat? „Ganz viel“ ist sich Tobias Plien sicher. Er nennt „Elementarisierung“ als Stichwort. Die wesentlichen Kernpunkte der Liturgie werden aufgegriffen, erfahrbar gemacht und „mit einem Ausrufungszeichen“ versehen, erläutert Tobias Plien, der die Konzepte für die Ausgestaltung der Feiern im hauptamtlichen Seelsorgeteam mit Pfarrer Jan Kröger, Pastoralreferent Christian Winnemöller und der bisherigen Kollegin Lena Gelsterkamp überlegt hat. Zusätzlich zu den klassischen Gottesdiensten in der Gemeinde gibt es ein experimentelles Angebot, „mit dem wir versuchen, andere Übersetzungsmechanismen zu finden oder zeitgemäß die Liturgie zu vertiefen“.

Der Mut, etwas Ungewohntes zu wagen, sei auch aus der Not geboren, Zugänge für die Menschen zu erschließen, die nicht zu den Kirchenbesuchern zählen. Die Gründonnerstagsliturgie wurde in diesem Jahr zum Beispiel traditionell umgesetzt, aber interaktiv gestaltet, in einer Szenerie, die entfernt an eine Hochzeit erinnerte. Die Kirchenbänke wurden aus der Basilika geräumt, stattdessen lange Tische aufgestellt, in festlichem Weiß gedeckt – mit Trauben, Brot und Wein.

Gemeinschaft beim Abendmahl

Wildfremde Menschen lasen einander die Fürbitten vor, wer wollte, ließ sich die Füße waschen, und gegenseitig wurden die biblischen Texte vorgetragen. „Wir hatten den Eindruck, dass die Feier vielleicht etwas an Symbolkraft verloren hat, aber wir haben es gewagt, die Begegnung in Kelch und Hostie, von Brot und Wein in ein gemeinschaftliches Abendmahl zu verwandeln.“

Das Setting habe einige Besucher verunsichert oder auch veranlasst zu gehen, sagt Plien. Doch es gab auch Rückmeldungen wie die eines langjährigen Kirchgängers, der bekannte, er habe das erste Mal seit 50 Jahren Gemeinschaft erfahren.

Botschaft des Glaubens zeitgemäß präsentiert

Tobias Plien ist Pastoralreferent in der Pfarrei Sankt Antonius von Padua Rheine. | Foto: Marie-Theres Himstedt
Tobias Plien ist Pastoralreferent in der Pfarrei Sankt Antonius von Padua Rheine. | Foto: Marie-Theres Himstedt

Höher, schneller, weiter – diese Erwartungen will das Seelsorgeteam in künftigen Feiertagsliturgien aber nicht bedienen: „Unsere Erfahrungswerte zeigen, dass ganz andere Menschen in unsere Kirche kommen als die Besucher aus dem Milieu der bürgerlichen Mitte, die noch das Traditionelle suchen und auch erleben.“ Diese zu verknüpfen, sodass jeder etwas für sich aus einer solchen Feier mitnehmen kann, damit sei viel gewonnen. Authentische, glaubwürdige Verkündigung ist für Plien ein wichtiger Schlüssel: „Es muss nicht spektakulär sein, aber die Botschaft des Glaubens ist mir so wichtig, dass ich verpflichtet bin, nach Ausdrucksformen zeitgemäßer Art zu suchen, ohne das Evangelium zu verwässern.“

Zentral bleibe die Aussage, die auch bei den Osterfeiertagen „Fokus“ vor zwei Jahren inszeniert wurde. Hier stand die Fußwaschung im Mittelpunkt, unter anderem mit blauen Füßen, die auf den Kirchenboden ge­beamt wurden: „Gott macht sich klein, um den Menschen zu dienen“, erläutert Plien. Diese Aussage Christi sei auch die pastorale Idee in der Kirchengemeinde Sankt Antonius von Padua: „Was können wir für dich tun, damit das Leben gelingt, damit du dich wertgeschätzt fühlst, damit du Gemeinschaft erlebst, damit du teilhaft wirst in Christus?“

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