Die neuen Priester im Bistum Münster / Teil 2

Jan Henrik Röttgers aus Bösel wird zum Priester geweiht

Jan Henrik Röttgers hat in seiner Studienzeit Spanien und Mexiko erlebt. Wie diese Erfahrungen den angehenden Priester geprägt haben und warum der Mann aus Bösel auch Zweifel kennengelernt hat.

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Jan Henrik Röttgers hat etwas von der Welt gesehen. Ein Freisemester verbrachte der junge Theologe im spanischen Granada. Das Eintauchen in eine andere Kultur und eine andere Art des Glaubens begeisterten den jungen Mann so sehr, dass er nach seinem Studium noch ein halbes Jahr in einer Pfarrgemeinde in Mexiko arbeitete.

Dort begegnete er einer Armut, die sein Verständnis von Kirche bis heute prägt: „Unsere Kirche ist mir oft zu verbürgerlicht. Ich wünsche mir eine Kirche der Armen, die Jesu Auftrag und Zusage traut und die Gesellschaft verändert.“ Denn sein Angebot richte sich an alle Menschen.“

 

Jene am Rand sollen in die Mitte der Kirche

 

Er kommt aus der Mitte der Kirche, und dahin möchte Jan Henrik Röttgers jene rücken, die am Rand stehen: die Armen, die Ausgestoßenen. So versteht der 29-Jährige die Aufgabe, die er selbst sich für sein Leben stellt.

Mit vier weiteren Männern wird er am Pfingstsonntag in Münster zum Priester geweiht werden. Röttgers selbst stammt aus einem klassisch-katholischen Umfeld, ist aufgewachsen in Bösel im Kreis Cloppenburg.

 

Katholisch aufgewachsen

 

Er erinnert sich: „Mit meiner Mutter und meiner Oma habe ich schon als Kind viel gebetet, auch Tischgebete gehörten dazu.“ Natürlich wurde er nach der Erstkommunion Messdiener und später Messdienerleiter. „Das alles war auch gut so, so wurde ein gutes Fundament gelegt, und auch in die Liturgie bin ich so reingewachsen.“

Dabei bedeute ihm der Glaube immer mehr als der Gottesdienstbesuch: „Aus dem Glauben habe ich immer viel Freude und Trost gezogen, und hatte schon früh das Bedürfnis, beides weiterzugeben.“

 

Was der Berufungskreis veränderte

 

Trotzdem dachte Röttgers zunächst an einen Beruf im naturwissenschaftlichen Bereich – bis ihn ein indischer Pater aus seiner Heimatgemeinde auf einen Berufungskreis hinwies.

„Da bin ich einfach mal hingegangen und habe die Erfahrung gemacht, dass ich mit meiner Ahnung von einer Berufung nicht allein war“, sagt er – eine Erfahrung, die ihn so bestärkte, dass er nach dem Zivildienst ins Priesterseminar ging und ein Theologie-Studium begann.

 

Diakon in Dülmen

 

„Meine Familie hat diese Entscheidung immer unterstützt“, erzählt Röttgers. Und seine Freunde verstanden seinen Weg als „die für mich beste Art, mich zu verwirklichen“. Nach seinem Studium  zog Röttgers 2017 für ein Gemeindejahr nach Dülmen, gab in der Gemeinde Heilig Kreuz Religionsunterricht, arbeitete auch im Jugend- und Caritasbereich. Seit seiner Diakonenweihe vor einem Jahr übernimmt er zusätzlich Taufen, Beerdigungen und Predigten.

Allem geraden katholischen Weg zum Trotz: Zweifel kennt auch Jan Henrik Röttgers. „Zwischendurch habe ich mich schon mal gefragt, ob ich in dieser Kirche mein Leben lang tätig sein will“, schildert er. „Aber irgendwas hat mich immer gehalten und hält mich bis heute.“

 

Trotz der Skandale nicht entmutigen lassen

 

Dabei ist der angehende Priester nicht blind für die Schwachpunkte der Kirche. „Immer wieder gab es ja auch kritische Anfragen an mich, besonders im Zuge des Missbrauchsskandals.“ Er wolle sich aber nicht entmutigen lassen: „In all diesem Schrecklichen steckt zumindest die Chance, wichtige Themen in der Kirche neu und anders anzusprechen.“

Daran möchte er künftig mitwirken: „Das Schöne am Priesterberuf ist ja, dass man unheimlich viel Freiraum hat, die frohe Botschaft zeitgemäß zu leben und zu gestalten. Darauf freue ich mich, auch wenn es vielleicht ein wenig fromm klingt: am Reich Gottes mitzubauen.“

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