Pater Sebastian Hackmann und die Kirche auf dem Land

„Jetzige Pfarrseelsorge erreicht Menschen nicht mehr“

Pater Sebastian Hackmann wollte immer lieber im Dorf als in der Stadt Priester sein. Weil er da näher an den Leuten ist. Zum Beispiel in Schwichteler zwischen Bakum und Cappeln. Jetzt hat der Dominikaner aufgehört. Mit einer deutlichen Botschaft an die Kirche.

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„Die Großstadt ist nichts für mich.“ Pater Sebastian Hackmann hatte klare Vorstellungen. Seinem Ordensoberen hatte er als Dominikaner Gehorsam gelobt, deshalb war er als junger Kaplan zunächst in Bremen tätig. Aber auf Dauer dort Seelsorger? Kopfschütteln.

Lieber das genaue Gegenteil. Eine Kapelle in Schwichteler mit 250 Plätzen für 400 Katholiken, verstreut in Bauerschaften zwischen Bakum und Cappeln. Die Predigt plattdeutsch beginnen, die Menschen in der kleinen Kirche von Schwichteler sehr persönlich ansprechen – das liegt Pater Sebastian.

 

Selbst vom Dorf

 

Kein Wunder: Der Dominikaner aus Vechta ist in der Nähe aufgewachsen, er kennt die Eigenheiten der Menschen. Also nicht Großstadt, sondern Dorf. Aber nicht nur Dorf. Sondern auch Insel. Mit Pater Sebastian verbinden sich seit Jahrzehnten Besinnungstage auf der Insel Wangerooge.

Unzählige Erzieherinnen waren mit ihm dort zu Gast, auch andere Beschäftigte im kirchlichen Dienst und Interessierte an einem geistlichen Leben. Sie suchten Antworten auf Fragen, „oft sehr tiefe Fragen“, wie er berichtet. Pater Sebastian war hier als Seelsorger gefragt, nicht nur in seiner zweiten Aufgabe als Geistlicher Beirat des oldenburgischen Caritasverbandes. Warum so oft auf dieser Insel? „Besinnungstage auf einer Insel haben einen großen Vorteil: Man kann nicht einfach weg. Man muss sich Fragen auch stellen, ein neues Verhältnis zu sich gewinnen.“

 

Erfahrungen auf Wangerooge

 

Das galt anfangs auch für den Dominikaner selbst. In die Bildungsarbeit ist er eher hineingewachsen, ohne zu wissen, was er dort leisten könnte. Über die Jahre habe er gemerkt, warum Menschen solche Kurse wichtig sind: „Sie fühlen sich der Kirche durchaus verbunden, aber was sie wirklich suchen, kann ihnen ihre eigene Gemeinde nicht bieten – das gibt es da nicht.“

Pater Sebastian hat lange genug mit Menschen in Kursen auf der Insel zusammengesessen, er war lange genug Pfarrseelsorger auf dem Land. Er kennt beide Seiten. Am Ende des Berufslebens sagt er nachdenklich: „Die jetzige Form der Pfarrseelsorge wird die Menschen nicht mehr erreichen.“

Will er mit 75 Jahren noch neue Entwürfe zimmern? Der Pater lacht. Er wolle zunächst den Blick dafür schärfen, dass die übliche Form der Pfarrseelsorge sich im späten Mittelalter entwickelte, als eine kleine Gruppe von Menschen gleichen Bekenntnisses eng um eine Kirche lebte. Dieses Modell habe sich über Jahrhunderte kaum verändert. „Aber es hat keine Zukunft mehr“, sagt Pater Sebastian energisch.

 

Persönliche Nähe ist gefragt

 

Weil inzwischen Menschen mit sehr unterschiedlichen Geschichten in den Wohngebieten zusammenlebten, mit einem ganz anderen Verhältnis zu Glauben und Kirche. Pater Sebastian hat in den letzten Jahren in der Pfarrei Cappeln gemerkt: „Die Menschen fragen viel mehr als früher, sie wollen viel mehr von den Grundlagen wissen.“ Oft genug habe er das vor Trauungen und Beerdigungen erlebt, ganz anders als früher.

Dann sei die persönliche Nähe des Seelsorgers gefragt, „ich kann solche Fragen ja nicht links liegen lassen“. Diese Nähe, diese Zeit, auf Menschen zuzugehen – eben das sei im überkommenen Modell der Pfarrseelsorge heutzutage kaum noch möglich. Pater Sebastian ist sich sicher: „Wir müssen in der Kirche so viel wie möglich abgeben in kleinere Einheiten an der Basis.“

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