Geburtstag am Sonntag

Johann Baptist Metz wird 90 – ein höchst politischer Theologe

Johann Baptist Metz, früher Professor für Fundamentaltheologe an der Universität Münster, entwickelte die „Theologie nach Auschwitz“, er durchdachte linke politische Ansätze – und geriet mit Joseph Ratzinger aneinander. Am Sonntag wird Metz 90 Jahre alt.

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Sechzehn Jahre war Johann Baptist Metz alt, als er Ende 1944 mit einer Meldung vom Schützengraben zum Gefechtsstand seines Bataillons geschickt wurde. Zurückgekehrt fand er alle seine Kameraden tot vor – einem Angriff von Panzern und Jagdbombern zum Opfer gefallen: „Ich erinnere nichts als einen lautlosen Schrei.“

Festakt in Münster
Zum 90. Geburtstag von Johann Baptist Metz widmet sich ein Nachmittag dessen „Politischer Theologie“. In der Bistumsakademie Franz-Hitze-Haus in Münster sind am Samstag, 15. September, von 16 Uhr bis 19.30 Uhr mehrere Vorträge zu hören. Hier geht es zur Anmeldung.

Metz, einer der bedeutendsten Theologen des 20. Jahrhunderts, wird am 5. August 90 Jahre alt. Bei ihm ist eher selten von Erbsünde und privater Gottesbeziehung die Rede, umso mehr aber von der gesellschaftskritischen Kraft christlicher Hoffnung. Metz gilt als Begründer einer neuen, linken politischen Theologie.

 

Theologie nach Auschwitz

 

Er entwickelte seine „Theologie nach Auschwitz“, die mit einem empörten Schrei nach dem schweigenden Gott beginnt und von Zukunft und Erlösung spricht, ohne die Realität der Welt auszublenden.

Der Massenmord an den Juden, stürzte laut Metz die klassische Theologie um: Sei es Luther noch um die Frage gegangen, wie ich persönlich einen gnädigen Gott finde, so stelle sich jetzt das Problem, wie die Welt von solchen Bergen von Leid erlöst werden könne.

 

Mehr als Mitleid

 

Metz: „Jesu erster Blick galt nicht der Sünde der anderen, sondern dem Leid der anderen.“ Die Kirchen hätten lange Zeit die Erlösung der Sünder in den Vordergrund gestellt.

Dabei ist Metz die Kirche als Erinnerungsgemeinschaft wichtig, in der die biblischen Gottesgeschichten lebendig bleiben. Aber er stellt die modische „Wellness- und Wohlfühlreligion“ infrage, die sich auf unverbindliche intime Erfahrungen beschränkt.

Eines seiner Lieblingsbegriffe ist „Compassion“ – für ihn ein stärkerer Ausdruck als das folgenlose „Mitleid“. Sie verbinde Leidenschaft für Gott mit Leidempfindlichkeit für andere. „Compassion“ beinhalte etwa das Angebot an Israelis und Palästinenser, den Blick für Leiden der anderen Seite zu öffnen. Der andere zentrale Begriff heißt „Autorität der Leidenden“: Christus bleibe Bruder aller unschuldig Leidenden.

 

Ratzinger verhindert Wechsel von Münster nach München

 

Am 5. August 1928 wurde Metz im oberpfälzischen Auerbach geboren. 1948 begann er in Bamberg und Innsbruck als Schüler von Karl Rahner Theologie und Philosophie zu studieren. Von 1963 bis 1993 hatte er an der Universität Münster den Lehrstuhl für Fundamentaltheologie inne, die Stadt ist seine Heimat geblieben.

Metz arbeitete mit Linkskatholiken und Sozialisten zusammen. 1979 verhinderten der damalige Münchner Erzbischof Joseph Ratzinger und der bayerische Kultusminister Hans Maier (CSU) die Berufung von Metz als Professor an die Universität München.

Metz geht es darum, das Leid in der Welt nicht vorschnell mit einem guten allmächtigen Gott zu versöhnen, sondern die Fragen an Gott lebendig zu halten und in den Verteilungskämpfen der Gegenwart Gerechtigkeit zu fordern: Wer dem biblischen Jesus folge, „für den heißt Glauben Wachen und Aufwachen angesichts der Zustände der Welt“.

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