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Vor der Kommunalwahl konnten auch Kinder ihre Stimme abgeben - bei der U16-Wahl. Ein starkes Signal, meint Chiara Beyer vom BDKJ im Bistum Münster.
Vor ein paar Tagen haben wir unser Kreuz bei der Kommunalwahl in NRW gemacht. Wie vor jeder Wahl wurde auch Kindern, die noch nicht wahlberechtigt sind, mit einer eigenen U16-Wahl die Möglichkeit gegeben, ihre Meinung sichtbar zu machen. Und die Ergebnisse weichen vermutlich von denen in Ihrer Kommune ab, oder?
Diese U16-Wahl war mehr als eine symbolische Abstimmung. Sie hat deutlich gemacht: Junge Menschen haben etwas zu sagen. Sie sind fähig, komplexe Fragen zu reflektieren, Werte zu prüfen und eigene Visionen für die Zukunft einzubringen. Das ist ein starkes Signal – und ein Impuls, Beteiligungsprozesse breiter zu denken.
Beteiligung heißt nicht, Verantwortung aus der Hand zu geben
Die Autorin
Chiara Beyer ist 25 Jahre alt, hat Soziale Arbeit studiert und ist Diözesanvorsitzende des BDKJ-Diözesanverband Münster. Dort ist sie unter anderem für die Präventionsarbeit zuständig.
Das gilt nicht nur für Politik, sondern auch für unsere Kirche. Wenn wir Kirche in der heutigen Welt sein wollen, brauchen wir die Vielfalt an Perspektiven. Junge Menschen bringen ihre Lebenswelten, Hoffnungen und Fragen ein – und bereichern damit das gemeinsame Glaubenszeugnis. Junge Menschen brauchen keine Schonfrist, um ernst genommen zu werden. Sie haben heute schon klare Vorstellungen von Gerechtigkeit und Zusammenleben. Ihnen zuzuhören und sie zu beteiligen, bedeutet nicht, Verantwortung aus der Hand zu geben, sondern Gegenwart und Zukunft gemeinsam zu gestalten.
Die katholischen Jugendverbände sind hier gute Ansprechpartner. Sie sind nicht nur gestaltete Sozialräume, sondern eine lebendige katholische Wirklichkeit. Sie verbinden Glauben und Lebensrealität, gestalten Kirche vor Ort und setzen sich kritisch-konstruktiv mit der verfassten Kirche auseinander. Kirche ereignet sich dort, wo Menschen aus dem Glauben heraus handeln und Zeugnis geben.
Ein Ort der Hoffnung
Synodale Prozesse zeigen: Kirche ist dort lebendig, wo Menschen gemeinsam auf dem Weg sind, zuhören und ihre Erfahrungen teilen. Sie lebt davon, dass unterschiedliche Stimmen gleichberechtigt Gehör finden – auch die der Kinder und Jugendlichen.
Gerade in Zeiten, in denen Krisen zum Alltag gehören, Ausgrenzung von Menschen auf Grund von Geschlecht, sexueller Orientierung, Herkunft und anderer Merkmale Realität ist und politische Debatten von Populismus und Rechtsextremismus bestimmt sind und die Demokratie gefährden, brauchen wir einen Ort der Hoffnung, der uns Halt gibt. Das ist für mich Glaube. Das kann Kirche sein, wir müssen sie nur zusammen gestalten.
Die U16-Wahl erinnert uns daran: Vielfalt stärkt. Wenn Politik wie Kirche lernen, auf die Stimmen junger Menschen zu hören, gewinnen wir alle.
„Niemand soll dich wegen deiner Jugend geringschätzen!“, ermutigt der 1. Timotheusbrief (4,12) seinen Empfänger Timotheus. Und in der 1.500 Jahre alten Benediktsregel rät der heilige Benedikt, bei wichtigen Dingen alle Brüder anzuhören, „weil der Herr oft einem Jüngeren offenbart, was das Bessere ist“ (RB 3,3). Darum kommen in unserer Rubrik „Der junge Kommentar“ ausdrücklich Autor:innen unter 30 Jahren mit ihrer persönlichen Meinung zu einem selbst gewählten Thema zu Wort. Sie sind ein Beitrag zu einer Kirche, deren Anliegen es ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.