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Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) will das Werbeverbot für Abtreibungen in Paragraf 219a des Strafgesetzbuchs abschaffen. Dazu legte er am Montag einen Referentenwurf vor, der eine ersatzlose Aufhebung des Paragrafen vorsieht. Damit wolle die Ampelkoalition einen „unhaltbaren Rechtszustand beenden“, sagte der Minister in Berlin. Der Paragraf 219a sei nicht Teil des verfassungsrechtlich gebotenen Lebensschutzkonzepts.
Derzeit müssten Ärzte, die sachlich über ihre Arbeit und mögliche Methoden informierten, mit strafrechtlichen Ermittlungen und Verurteilungen rechnen. Das sei nicht haltbar. Zugleich suchten Frauen in einer schwierigen Gewissensentscheidung heute auch im Internet nach Rat. Da es zur Zeit der Abfassung des Paragrafen noch kein Internet gab, gehe es auch darum, das Recht der Gegenwart anzupassen. Anstößige oder anpreisende Werbung werde schon durch das Berufsrecht ausgeschlossen.
Frage nach sexueller Selbstbestimmung
Das Werbeverbot für Abtreibungen in Paragraf 219a untersagt das Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen von Schwangerschaftsabbrüchen aus finanziellem Vorteil heraus oder wenn dies in grob anstößiger Weise geschieht. Damit soll auch sichergestellt werden, dass Abtreibung nicht als normale Dienstleistung angesehen wird.
Im Entwurf, der der Katholischen Nachrichten-Agentur vorliegt, heißt es, dass die geltende Regelung das „sexuelle Selbstbestimmungsrecht der Frau“ beeinträchtige und weiter zu Rechtsunsicherheit für Ärzte führe, und andererseits „nicht zum Schutz des ungeborenen Lebens geboten“ sei.
Die katholische und evangelische Kirche kritisierten bereits vorige Woche das Vorhaben der Regierungskoalition. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, betonte, die beabsichtigten Änderungen nähmen den Schutz des ungeborenen Lebens zurück und könnten „nicht für sich in Anspruch nehmen, fortschrittlich und modern zu sein“. Der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Martin Dutzmann, mahnte zum Festhalten an der derzeitigen Regelung. Sie nehme beides ernst: Den Schutz des ungeborenen Lebens und die erheblichen Konfliktlagen, in die Schwangere im Verlauf der Schwangerschaft geraten könnten.
CDU gegen Streichung des Werbeverbots
Die Union wandte sich gegen eine Streichung. Die CDU-Bundestagsabgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker bestritt, dass es ein Informationsdefizit gebe. „Es geht um das Selbstbestimmungsrecht der Mutter, aber eben auch um das Leben des ungeborenen Kindes“, sagte die CDU-Abgeordnete der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Sie verteidigte den gültigen Kompromiss, auf den sich SPD und Union 2019 geeinigt hatten.
Bei den Einschränkungen, die Ärzten für ihre Internetseiten gemacht werden, gehe es um die schwierige Abgrenzung zwischen der reinen Information und Werbung. Ferner äußerte sie Zweifel, ob die Streichung des Paragrafen mit dem Grundgesetz vereinbar wäre. Mit den geplanten Änderungen „wäre das Mindestmaß an Schutz, das das Bundesverfassungsgericht verlangt, wohl unterschritten“, so die CDU-Abgeordnete.
Schwangerschaftsabbruch aus dem Strafgesetz?
Kritisch sah Winkelmeier-Becker auch Überlegungen innerhalb der Ampelparteien, den Schwangerschaftsabbruch ganz aus dem Strafgesetzbuch herausnehmen zu wollen. Buschmann müsste für diesen Fall darlegen, „wie er auf anderem Weg der staatlichen Schutzpflicht für das ungeborene Leben Rechnung tragen will. Verfassungsrechtlich halte ich das für schwierig.“ Dazu hatte sich zuletzt auch der katholische Beratungsverein „Donum vitae“ kritisch geäußert. Buschmann verwies in dieser Frage auf die geplante Kommission, die hierüber zunächst befinden soll.