Inklusive Katechese mit Herausforderungen

So bereitet Jutta Lehmkuhl Menschen mit Behinderung auf die Firmung vor

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Fünf erwachsene Menschen mit geistiger Beeinträchtigung haben in Altenberge im Kreis Steinfurt das Sakrament der Firmung empfangen. Die Idee dazu hatte eine Mitarbeiterin einer Einrichtung der Eingliederungshilfe.

„Es ist wichtig, die Inklusion von Menschen mit Behinderung in der Kirche und der Gesellschaft im eigenen Sozialraum weiter zu fördern“, sagt Jutta Lehmkuhl. Davon ist die Verwaltungsangestellte des Tectum-Wohnhauses in Altenberge, einer Caritas-Einrichtung der Eingliederungshilfe im Kreis Steinfurt, nicht nur überzeugt, sondern sie hat mit ihrem Projekt „Eine inklusive Firmung: Weil es normal ist, verschieden zu sein“ auch praktisch eine besondere Katechese geleitet.

Kristin, Thomas, Andreas, Marcel und Carina empfingen vor einigen Tagen in der Pfarrkirche St. Johannes Baptist in Altenberge von Pfarrer Jochen Kosmann das Sakrament der Firmung. Die Erwachsenen im Alter von 27 bis 55 Jahren leben mit einer geistigen und körperlichen Beeinträchtigung. Sie leben mit Spastik, im Rollstuhl, haben eine Intelligenzminderung, wie der Fachbegriff heißt, haben zum Teil autistische Züge und können sich nur eingeschränkt mitteilen und äußern.

Jesus lebte inklusive Gemeinschaft

„Es war eine schöne Firmfeier – für die Firmlinge, die Paten und Angehörigen. Es hat mich gefreut, diese inklusive Gemeinschaft in der Kirche zu sehen“, sagt Jutta Lehmkuhl. Sie freue sich, beigetragen zu haben, die Botschaft Jesu zu vermitteln.

„In vielen Texten des Neues Testaments ist Jesus in Kontakt zu Menschen, die aus heutiger Sicht Menschen mit Behinderung waren. Egal ob verkrümmte Frauen, Blinde und Taube – Jesus nahm sich dieser Menschen an“, sagt die Katechetin.

Gute Zusammenarbeit mit der Pfarrei

Jesus ermutige durch sein Handeln die gesunden nichtbehinderten Menschen, sich von ihren Denk- und Verhaltensmustern im Umgang mit den Betroffenen zu lösen und diese unbefangen in ihre Gemeinschaft zu integrieren. „Inklusion halt“, sagt Jutta Lehmkuhl.

Seit vier Jahren ist die 48-Jährige in der Einrichtung der Eingliederungshilfe tätig. Stundenweise arbeitet sie auch als Betreuerin. Von Beginn an war sie in Zusammenarbeit mit der Pfarrei für die Vorbereitung der regelmäßig stattfindenden Gottesdienste im Tectum-Wohnhaus zuständig, in dem 24 Menschen mit Beeinträchtigung leben.

Ausbildung zur Seelsorglichen Begleiterin

Um ihren eigenen Glauben zu erweitern und Menschen mit Behinderung besser begleiten zu können, hatte sich Jutta Lehmkuhl vor einem Jahr entschieden, eine Ausbildung zur Seelsorglichen Begleiterin zu absolvieren. Die Weiterbildung des Bistums Münster sieht für Teilnehmende vor, ein seelsorgliches Projekt durchzuführen.

In diesem Zusammenhang beschäftigte sich Jutta Lehmkuhl mit der Frage, warum Menschen mit Einschränkungen nicht die Möglichkeit haben sollten, ihren Glauben zu leben und vollständig zu Kirche dazuzugehören: „Warum war es in früheren Zeiten teilweise nicht möglich, Kindern und Jugendlichen mit sprachlichen und körperlichen Barrieren die Möglichkeit zum Empfang der Erstkommunion oder des Firmsakraments zu ermöglichen?“, merkt sie kritisch an.

Intensive Vorbereitung auf inklusive Firmung

Durch Gespräche mit Angehörigen und gesetzlichen Betreuern erfuhr sie, dass einige Bewohnerinnen und Bewohner zwar die Erstkommunion empfangen hatten, aber aufgrund von „fremd gelegten Barrieren“ das Sakrament der Firmung nicht empfangen konnten. „Das war praktisch der Auslöser, eine Firmkatechese zu entwickeln“, sagt Jutta Lehmkuhl.

Zusammen mit der Pastoralreferentin Andrea Spieker-Kreft konnte so die inklusive Firmung vorbereitet werden. In den Gruppenstunden modellierten die Firmlinge aus Ton Kreuze, Fische und Friedenstauben, gestalteten aus Wachsplatten eine Gruppenkerze und besuchten als soziales Projekt eine benachbarte Altenpflege-Einrichtung.

Respektvolle Begegnungen mit jungen Firmlingen

„Die Bewohner freuten sich über diesen Besuch. Jeder bekam ein selbstgebasteltes Kreuz aus Ton. Es waren respektvolle Begegnungen“, sagt Jutta Lehmkuhl.

Als die Pfarrei ihre jugendlichen Firmlinge zu einem Eröffnungsgottesdienst einluden, waren auch die Bewerber aus dem Tectum-Wohnhaus mit dabei. „Der Höhepunkt des Gottesdienstes war der Moment, als alle Firmlinge namentlich genannt wurden und alle in einem großen Kreis um den Altar ihr persönliches Glaubensbekenntnis ablegten. Die Firmlinge des Tectum-Wohnhauses wurden begleitet, um sicherzustellen, dass sie sich wohl und unterstützt fühlen.“

Katechese mit Herausforderungen

Gefirmt wurden die fünf Erwachsenen in einem eigenen Gottesdienst, um ihnen einen sicheren Rahmen zu geben. Familienangehörige und Paten feierten mit und gaben dem Gottesdienst etwas Vertrautes.

Die Katechese sei gelegentlich schon eine Herausforderung gewesen, wie Jutta Lehmkuhl sagt: „Nicht alles war einfach oder allein durchführbar. Jeder brauchte eine individuelle Hilfestellung. Wichtig war es, flexibel und realistisch auf die einzelnen Behinderungen einzugehen. Gemeinsam haben wir uns unterstützt und für unsere Grenzen Brücken gebaut.“

Fortsetzung folgt?

Es soll nicht bei der einzigen Firmvorbereitung für Menschen mit Handicap in Altenberge bleiben, versichert die Seelsorgliche Begleiterin: „Wenn ich meine Erfahrungen einsetzen kann, dann mache ich das gern.“

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