GEMEINDEN UNTERWEGS (2)

Pilgerreise durch die USA: Alles riesig – auch der Glaube

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Kalifornien – ein Traumland! Eine Jugendgruppe aus Senden war jüngst da – als Pilgerreise! Drei von ihnen erzählen, wie sie das verändert hat.

Vom Hollywood-Sign auf den Hügeln von Los Angeles bis zur Golden Gate Bridge in San Francisco: Was diese Gruppe, 16 Jugendliche aus Senden, Borken und Xanten mit zwei Begleitern, da vorhatte, war weit mehr als nur eine Touritour zu den Highlights Kaliforniens. Sie haben sich auf eine waschechte Pilgertour begeben, zu der Oliver Rothe, Pfarrer von St. Laurentius in Senden (Kreis Coesfeld), mit den jungen Leuten für zwölf Tage an die Westküste der USA aufgebrochen war – und die sie verändert wieder nach Hause brachte.

„Klar“, erzählt Joshua Nieland (21), „natürlich hat mich das Land selber total begeistert: die riesigen Häuser, die riesigen Autos, Dollarscheine und Polizisten in ihren coolen Uniformen – das kannte ich ja sonst nur aus Filmen“. Und Justus Frerker (17) ist immer noch fasziniert von einem Konzert in der Hollywood-Bowl, „weil das mit der Nationalhymne begann – samt Hand auf der Brust. Da hätten sich in Deutschland alle umgeguckt!“

Ein kalifornischer Camino

Serie „Gemeinden unterwegs“
Viele Gemeinden und Verbände im Bistum Münster unterhalten zumeist seit Jahrzehnten gewachsene Partnerschaften zu Pfarreien oder Initiativen im Ausland. Kirche+Leben stellt vier Beispiele vor und redet mit dem Münsteraner Weltkirche-Weihbischof Stefan Zekorn.

Natürlich sollte auch der Spaß nicht zu kurz kommen, aber die Grundidee war eine andere. Den „Camino Real“ wollten sie erleben, einen Pilgerweg an den im 18. Jahrhundert von spanischen Franziskanern gegründeten Missionsstationen entlang, die vielen kalifornischen Städten ihren Namen gaben: Los Angeles, Santa Barbara, San Luis Obispo, Carmel, San Francisco … Die kalifornischen Klöster als Keimzellen des Glaubens zu entdecken, auch für die Jugendlichen heute – das war die Idee.

„Jeden Morgen oder am Nachmittag gab es einen Impuls von einem aus der Gruppe“, erzählt Justus. „Ich habe beispielsweise mit einem Freund zusammen über das Thema ‚Zuhause‘ nachgedacht. Dazu ein Text, ein Lied, ein Gebet …“ 

Glaube in der Suppenküche

Hinzu kamen Begegnungen mit Menschen in den verschiedenen Gemeinden. Besonders beeindruckt hat sie eine Suppenküche, in der jeden Tag Ehrenamtliche der Pfarrei 1.500 Essen an Bedürftige ausgeben. Die Gruppe aus Senden half einen Tag mit. Simon Dunkel (21) war bewegt davon, „wie viele junge Menschen sich da Essen geholt haben“. Er habe gemerkt: „Dieser Dienst am Nächsten ist ein echter Auftrag für mich als Christ.“

Damit nicht genug: Die drei jungen Leute zeigen sich überwältigt davon, wie herzlich und oft mit Applaus sie immer wieder in Gottesdiensten begrüßt wurden, wie sie mit dem Erzbischof von Los Angeles über die Kirche in Amerika gesprochen haben, wie ein Priester in Sausalito bei San Francisco einen riesigen Pott Pasta für sie gekocht hat. 

Komplet – ohne Zutun des Pfarrers

Und dann erzählen sie davon, wie sie in Mietautos unterwegs begonnen haben, von ihrem eigenen Glauben zu erzählen, was ihnen Gott bedeutet, warum ihnen die Kirche wichtig ist, was sie zweifeln und was sie hoffen lässt. Irgendwann haben sie damit angefangen, miteinander abends auf dem Zimmer die Komplet zu beten, das kirchliche Nachtgebet. „Ganz ohne mein Zutun“, betont Oliver Rothe, der Pfarrer. 

Ihm sei es „das größte Anliegen“, den Glauben an junge Leute weiterzugeben. „Und beim Reisen, in einer solchen sehr konzentrierten Zeit, gibt es eine tolle Chance, dass das gelingt.“ Darum hat er solche Touren auch schon ins Heilige Land angeboten, zudem nach Rom, zum Weltjugendtag nach Lissabon und vor einigen Jahren bereits einmal nach Kalifornien. Die USA stünden für Lebendigkeit, Fröhlichkeit in der Kirche und Freude am Glauben – „das wünsche ich mir mehr auch für unsere Kirche hier“. Davon überzeugt Rothe offenbar auch Menschen, die solche Reisen gern finanziell unterstützen. Die Jugendlichen haben demnach 850 Euro bezahlt – „der Sponsorenanteil ist mindestens zweieinhalb Mal so hoch“, erklärt der Geistliche.

„Anders als unsere Griesgrämigkeit“

Und was nehmen die drei jungen Männer mit in ihren Alltag? Justus ist angesteckt von „den offenen und fröhlichen Menschen, die uns fast immer mit einem Lachen auf den Lippen begegnet sind. Das ist was ganz anderes als unsere Griesgrämigkeit“. 

Simon ist begeistert von ihrer kleinen Glaubensgemeinschaft unterwegs, auch von dem „ganz anderen katholischen Leben, von der Gastfreundlichkeit der Menschen in den Gemeinden“. Seine Erkenntnis: „Die Kirche, in der wir leben, ist ja doch auch jung – wenn wir den Glauben wirklich weitergeben“, ist er überzeugt. 

„Tragt das nach Hause!“

Und für Joshua waren die „geistlichen Begegnungen unglaublich wertvoll, weil es so anders war als in Deutschland“. Er habe in der erst 2008 geweihten Kathedrale „Christ the Light“ in Oakland tatsächlich „so etwas wie eine Sendung gespürt: ‚Tragt das nach Hause! Ihr seid die jungen Leute, ihr müsst den Glauben verbreiten, weitertragen, lebendig halten.“ 

Einen kleinen Anfang haben sie gemacht: Seit ihrer Rückkehr treffen sich er und einige andere alle zwei Wochen sonntagabends zur digitalen Komplet. „Okay“, sagt Joshua, „dafür muss man schon ein bisschen empfänglich sein. – Mir tut das gut.“

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