„Klebe nicht an meinem Amt“ – Papst habe aber anders entschieden

Kardinal Marx: Bleibe vorerst im Amt – Bitte um Entschuldigung bei Opfern

  • Der Münchner Erzbischof Reinhard Marx will zumindest vorerst im Amt bleiben.
  • "Ich klebe nicht an meinem Amt", betonte er allerdings am Donnerstag.
  • "Das Angebot des Amtsverzichts im letzten Jahr war sehr ernst gemeint. Papst Franziskus hat anders entschieden."

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Der Münchner Erzbischof Reinhard Marx will zumindest vorerst im Amt bleiben. "Ich klebe nicht an meinem Amt", betonte er allerdings am Donnerstag: "Das Angebot des Amtsverzichts im letzten Jahr war sehr ernst gemeint. Papst Franziskus hat anders entschieden und mich aufgefordert, meinen Dienst verantwortlich weiterzuführen."

Auf Nachfrage sagte Marx, er habe nicht erneut mit dem Papst über Rücktritt gesprochen. Es wäre derzeit aus seiner Sicht auch eher ein "Aus-dem-Staub-Machen". Er wäre aber weiterhin dazu bereit.

"Werde mich hinterfragen lassen"

Als Erzbischof trage er Verantwortung auch für das Versagen beim Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt, ergänzte der Kardinal: "Ich bin bereit, auch weiterhin meinen Dienst zu tun, wenn das hilfreich ist für die weiteren Schritte, die für eine verlässlichere Aufarbeitung, eine noch stärkere Zuwendung zu den Betroffenen und für eine Reform der Kirche zu gehen sind."

Falls er oder andere allerdings den Eindruck gewinnen, er wäre "dabei eher Hindernis als Hilfe", werde er das Gespräch mit den Beratungsgremien suchen und sich hinterfragen lassen, kündigte Marx an. Die Entscheidung werde er "nicht mehr mit mir allein ausmachen", fügte er hinzu mit Blick auf sein Rücktrittsangebot 2021.

"Habe auch selbst Fehler gemacht"

Marx betonte mehrfach, er habe auch selbst Fehler gemacht. Die größte Schuld sei, die Betroffenen übersehen zu haben. Zugleich wies er Vorwürfe zurück, er habe das Thema zu sehr delegiert: "Der Umgang mit Missbrauch in der Kirche war und ist für mich Chefsache und steht nicht im Gegensatz zum Verkündigungsauftrag. Ich war und bin nicht gleichgültig. Hätte ich noch mehr und engagierter handeln können? Sicher ja!"

Er wolle die Fälle, in denen ihm das Gutachten Fehler vorwirft, gemeinsam mit Fachleuten neu aufarbeiten, um "daraus zu lernen". Zu Vorwürfen gegen andere Verantwortungsträger wie den früheren Münchner Erzbischof Joseph Ratzinger, später Benedikt XVI., sagte Marx nichts. Die Betreffenden hätten sich "bereits selbst geäußert".

"Fehlende Perspektive der Betroffenen"

Wenn Betroffene es wünschten, wolle er regelmäßiger als bisher den Austausch mit ihnen suchen: "Hier will ich stärker präsent sein. Denn der Vorwurf, den ich mir selbst mache, ist die immer noch nicht ausreichende Übernahme der Perspektive der Betroffenen."

Das fehlende "wirkliche Interesse" an ihrem Leid nannte Marx "unverzeihlich". Das habe nach seiner Auffassung "auch systemische Gründe, und zugleich trage ich dafür als amtierender Erzbischof moralische Verantwortung."

Das Gutachten halte den Verantwortlichen im Erzbistum den Spiegel vor, so der Kardinal: "Wir halten dem Stand und relativieren das nicht." Und: "Wir sehen ein Desaster."

Bitte um Entschuldigung

Marx bat erneut "persönlich und auch im Namen des Erzbistums" die Betroffenen um Entschuldigung. Eine weitere solche Bitte richtete er an die Gläubigen, "die an der Kirche zweifeln, die den Verantwortlichen nicht mehr vertrauen können und in ihrem Glauben Schaden genommen haben. Auch die Pfarrgemeinden, in denen Täter eingesetzt wurden, haben wir zu lange nicht ausreichend im Blick gehabt und sie einbezogen."

Marx äußerte sich nach der Veröffentlichung eines Missbrauchsgutachtens für sein Erzbistum. Er machte deutlich, die Aufarbeitung in einem größeren Zusammenhang zu sehen: Wer angesichts des Gutachtens noch "systemische Ursachen leugnet", habe es nicht verstanden. "Ohne Erneuerung der Kirche wird die Aufarbeitung nicht gelingen."

Der Kardinal nannte es deshalb "völlig abwegig", von einem "Missbrauch des Missbrauchs" angesichts von Reformideen innerhalb der Kirche zu reden. Er unterstrich die Wichtigkeit von Projekten wie dem Synodalen Weg in Deutschland und dem weltweiten synodalen Prozess.

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