„Hätte intensiver nachfragen müssen“

Kardinal Marx räumt Versäumnisse der Kirche bei Missbrauch ein

Kardinal Reinhard Marx übt Selbstkritik am Umgang der katholischen Kirche mit Missbrauchsvorwürfen. Die Kirche, er eingeschlossen, habe zu wenig wahrhaben wollen, was Priester jungen Menschen antun können.

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Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, übt Selbstkritik am Umgang der katholischen Kirche mit Missbrauchsvorwürfen. „Für die Kirche und auch für mich selbst war es ein schmerzhafter Lernprozess, vor allem und in allem von der Perspektive der Opfer her zu denken und zu handeln“, sagte der Kardinal der Wochenzeitung „Die Zeit“ (Donnerstag).

Die Kirche, er eingeschlossen, habe zu wenig wahrhaben wollen, was Priester jungen Menschen antun können, fügte Marx hinzu. Das Verhalten der katholischen Kirche sei den leidvollen Situationen der Opfer nicht immer angemessen gewesen. „Für mich persönlich möchte ich ausdrücklich festhalten, dass ich heute und leider erst im Nachhinein erkenne, dass ich intensiver hätte nachfragen müssen“, räumte der Münchner Erzbischof ein.

Anlass der Äußerung ist der Fall eines heute 32-jährigen Mannes, der als Heranwachsender vom Priester seiner katholischen Gemeinde im Saarland mehrfach missbraucht wurde. Kardinal Marx war damals, im Jahr 2006, Trierer Bischof und damit auch zuständig für das Saarland. Zur Verurteilung des Priesters kam es nicht. Die Vorwürfe waren bereits verjährt, als das mutmaßliche Opfer den Geistlichen anzeigte. Nach Aussagen des Opfers nahm das Bistum damals keinen Kontakt zu ihm auf. Sieben weitere Male war der Priester angezeigt worden. Alle Verfahren wurden eingestellt.

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