Münchener Erzbischof ist besorgt über Populismus in der Politik

Kardinal Marx: Wer katholisch ist, kann kein Nationalist sein

Kardinal Reinhard Marx hat Populismus und Nationalismus eine klare Absage erteilt. Zu den jüngsten politischen Streitigkeiten rund um das Thema Asyl äußerte sich der Münchner Erzbischof besorgt.

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Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, hat Populismus und Nationalismus eine klare Absage erteilt. „Nationalist sein und katholisch sein, das geht nicht“, sagte er im Interview der „Zeit“ (Donnerstag). Die katholische Kirche denke seit den 1960er und 1970er Jahren stärker in globalen Maßstäben und sehe sich in der Verantwortung „für die eine Welt, auch als Folge unseres sozialen Engagements in vielen Ländern“.

Zu den jüngsten politischen Streitigkeiten rund um das Thema Asyl äußerte sich der Münchner Erzbischof besorgt. „In Deutschland wie in der Welt spüren wir, dass vielleicht doch eine Epoche zuende geht“, sagte er. Den Volksparteien stelle sich die Frage, ob sie noch „die ganzen Spannbreite“ abdecken könnten: „von wertorientierten grünen Haltungen bis zu rechtskonservativen, aber eben nicht rechtsradikalen Positionen“. Dies sei keine einfache Aufgabe. Aber, so Marx: „Zu meinen, wir wandern am besten alle nach rechts, weil der Zeitgeist nach rechts wandert – das halte ich für eine falsche Einschätzung einer sehr komplexen Lage.“

 

„C“ im Parteinamen verpflichtet zur christlichen Soziallehre

 

Im Bezug auf die CSU sagte Marx: „Eine Partei, die sich für das C im Namen entschieden hat, geht eine Verpflichtung ein – im Sinne der christlichen Soziallehre besonders in der Haltung gegenüber den Armen und Schwachen.“ Etwa mit dem Begriff „Asyltourismus“, den zuerst der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gebraucht hatte, könne er nichts anfangen, so Marx: „Das klingt, als wären da Leute unterwegs in den Ferien. Viele riskieren ihr Leben, viele sterben auf dem Weg.“

Ebenso sei es „höchst unangemessen“, dass Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) seinen 69. Geburtstag mit 69 Abschiebungen am selben Tag in Verbindung gebracht hatte. Dies „hat zu Recht viele empört“. Insgesamt würden viele Teile der Gesellschaft „verbal radikaler“, so Marx.

 

Marx fordert Einwanderungsgesetz

 

Marx fordert in dem Interview zudem ein Einwanderungsgesetz noch in der laufenden Legislaturperiode. „Diese Koalition wäre in der Lage, die große Aufgabe anzugehen und ein Einwanderungsgesetz zu erlassen, das den Namen verdient. Wir haben uns viel zu lange nicht klargemacht, dass wir ein Einwanderungsland sind.“ Wichtig sei ein Gesetz, das „die Fluchtursachen im Blick hat“, so Marx. Für eine gerechte Welt komme es nicht in Frage, „wenn wir damit einfach Ingenieure und IT-Spezialisten aus anderen Ländern ,abschöpfen' wollten.“

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