Präfekt der Glaubenskongregation sieht Lehre nicht gefährdet

Kardinal Müller kritisiert Brief der vier Kardinäle an Papst

Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller hat das Vorgehen der vier Kardinäle kritisiert, die von Papst Franziskus in einem Brief mehr Klarheit über den Umgang der katholischen Kirche mit wiederverheirateten Geschiedenen gefordert haben.

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Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller hat das Vorgehen der vier Kardinäle kritisiert, die von Papst Franziskus in einem Brief mehr Klarheit über den Umgang der katholischen Kirche mit wiederverheirateten Geschiedenen gefordert haben. Jeder habe das Recht, dem Papst einen Brief zu schreiben, vor allem die Kardinäle, sagte der Präfekt der Glaubenskongregation in einem am Sonntagabend veröffentlichten Fernsehinterview. „Mich hat jedoch erstaunt, dass dieser Brief öffentlich wurde und der Papst auf diese Weise beinahe gezwungen ist mit 'Ja' oder 'Nein' zu antworten. Das gefällt mir nicht“, so Müller in dem Gespräch mit dem italienischen Privatsender TGCOM24.

Zugleich erteilte Müller Überlegungen einer etwaigen Korrektur des Papstes durch das Kardinalskollegium eine Absage. Kardinal Raymond Leo Burke, einer der Unterzeichner des Briefs, hatte eine „formale Korrektur“ des Papstes ins Spiel gebracht, falls dieser nicht auf den Brief antworte. Eine „brüderliche Korrektur“ des Papstes sei derzeit „unmöglich, weil es nicht um eine Gefahr für den Glauben geht“, betonte Müller. Eine solche Gefahr sei laut Thomas von Aquin Voraussetzung für eine Korrektur. Darüber in der Öffentlichkeit zu diskutieren schade zudem der Kirche.

 

Müller verteidigt Einzelfall-Regelung

 

Vier Kardinäle, unter ihnen die deutschen Joachim Meisner und Walter Brandmüller, hatten im November einen Brief an Franziskus öffentlich gemacht. Darin fordern sie vom Papst eine klare Aussage darüber, ob wiederverheiratete Geschiedene in Ausnahmefällen zur Kommunion zugelassen werden können. Das päpstliche Schreiben „Amoris laetitia“ zu Ehe und Familie von April 2016 hatte eine Debatte über den Umgang mit Katholiken ausgelöst, die nach einer Scheidung auf dem Standesamt erneut geheiratet haben. Nachdem Franziskus auf ihr Schreiben nicht geantwortet hatte, machten die Kardinäle den Vorgang öffentlich. Dies wurde von einigen als illoyal kritisiert, von anderen als legitime Anfrage begrüßt.

Der Präfekt der Glaubenskongregation sagte weiter, die kirchliche Lehre über die Ehe werde durch das päpstliche Schreiben „Amoris laetitia“ nicht verändert. Franziskus fordere eine Unterscheidung der einzelnen Fälle. Er selbst sehe keinen Widerspruch zwischen der Klarheit der Lehre und der Verpflichtung der Kirche, sich um Menschen in Schwierigkeiten zu sorgen, sagte Müller.

Franziskus hatte in einer Fußnote von „Amoris laetitia“ geschrieben, dass wiederverheiratete Geschiedene in bestimmten Fällen auch die Sakramente erhalten könnten; eine Erläuterung dazu gab er nicht.