Verzicht wird immer mehr zu einer persönlichen Einstellung

Karfreitag habe ich für meine Freunde keine Zeit

Es ist nicht mehr selbstverständlich im Freundes- und Bekanntenkreis, dass an Karfreitag nichts unternommen wird. Wie Redakteurin Marie-Theres Himstedt damit umgeht, schreibt sie in ihrem Kommentar.

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Es ist nicht mehr selbstverständlich im Freundes- und Bekanntenkreis, dass an Karfreitag nichts unternommen wird. Wie Redakteurin Marie-Theres Himstedt damit umgeht, schreibt sie in ihrem Kommentar.

Normalerweise freue ich mich über Einladungen zu Feiern, Geburtstagen und Sit-ins. Doch in diesem Jahr ist es anders. Gleich zwei Partys flatterten uns für das Ende der Karwoche ins Haus. Mein Mann geht zu einer Verlobungsparty am Gründonnerstag, da die Musik ohne seine Anlage nicht laufen wird. Ich erntete schon Augenrollen der Clique, als ich sagte: „Ich kann nicht, ich bleibe zuhause.“ Davon mal abgesehen kann ich schlecht weg, wenn Omas und Opas als Babysitter ausfallen, weil sie selbst in der Abendmahlfeier sind.

Dann kam noch eine wirklich nette Einladung von Freunden an Karfreitag, die wir lange nicht gesehen hatten. Was jetzt, gehen oder bleiben? Der Kinderkreuzweg wäre vormittags, da kann man doch zum Grillen nachmittags gehen? Klar ginge das. Aber will ich das auch? Noch ein Termin? An Karfreitag? wieder Unruhe an diesem Feiertag? Was will ich meinen Kindern vorleben? Party machen, es sich gut gehen lassen an dem Tag, an dem Jesus gestorben ist?

 

Mit Blumensträußen an Karfreitag vors Kreuz

 

Vor 20 Jahren, als ich 15 war, wurde im Radio nur ruhige Musik gespielt. Zuhause blieb es sogar ganz aus. Meine Mutter stellte uns das Osterlamm zum Verzieren hin, und wehe, es schleckte einer am Zuckerguss!

Anschließend Kreuzweg mit Blumensträußen in der Hand. Die haben wir in unserer Dorfkirche vor dem Kreuz zur Verehrung abgelegt. Was mich am meisten beeindruckt hat: das Schweigen. Die Ruhe, mit der die Prozession, nur unterbrochen von dem Bibelzeilen, von statten ging.

Ich merke: Ich muss mich wirklich entscheiden und mir Gedanken machen. Es ist nicht mehr selbstverständlich im Freundes- und Bekanntenkreis, dass an Karfreitag nichts unternommen wird.

 

Einmal im Jahr bewusster Platz für Stille

 

Ich habe mich für einen ruhigen Karfreitag entschieden, und die Einladung abgesagt. Für mich und meine Familie. Das kostet Kraft und viele Überlegungen. Aber meine Freunde haben die Absage verstanden. Wir freuen uns darauf, einander in Ruhe zu treffen. An einem Sonntagnachmittag im Mai.

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