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Vier volle Tage Polit- und Kirchenprominenz und viel Wir-Gefühl: Der Katholikentag war für die, die da waren, ein ordentlicher Push. Und darüber hinaus? Chefredakteur Markus Nolte wirbt für Realismus und sieht viel Potenzial.
Das tat richtig gut! Ein Wohlfühl-Bubble-Gemeinschafts-Bad engagierter Gläubiger, die trotz allem wollen, dass es mit dieser Kirche weitergeht.
Der Katholikentag als Ort der Selbstvergewisserung, der Stärkung, der Identifikation – ja, das ist er weiterhin und gerade jetzt: Ich bin nicht allein in meinem Ringen um eine menschenfreundliche, glaubensstarke, zeitgemäß wache, den Glauben feiernde und zugleich nach Glaubwürdigkeit suchende Kirche. Ich bin nicht allein in meinem Leiden an ihr und im festen Glauben an einen Gott, der mein Leben unendlich bereichert. Und darum bleibe ich.
Ja, es tat gut, viele Bekannte zu treffen, bewegende Gottesdienste zu feiern, großartige Kultur zu erleben, das schöne Erfurt zu entdecken und sich intensiv mit den drängenden politischen Fragen auseinander zu setzen.
Katholikentag schafft, was anderswo nicht gelingt
Ja, das alles kann Katholikentag, und in der Hinsicht ist er vorbildlich: Was da an politischer Prominenz und hochkarätiger Sachkompetenz aufgefahren wurde, wie respektvoll da debattiert wurde – man ließ einander ausreden, hörte konzentriert zu! Indem „die Kirche“ (ökumenisch!) Räume für Gespräche weit öffnet, leistet sie einen dringend notwendigen Dienst an unserer Gesellschaft.
Wo sonst gelingt das? In den Medien? In Stadien? In Rathäusern? Kaum. Insofern bietet die Kirche Relevanz zumindest an.
Katholikentag passt ins kleinste Stadion
Und doch gilt es, sich nicht selber in die Tasche zu lügen. Ja, die großen seriösen säkularen Medien haben berichtet, die vielen anderen mit nicht minder großer Streukraft eher weniger.
Zudem: Auf 20.000 Teilnehmende wie in Erfurt bringen es trotz Erosion schon die Sonntagsgottesdienste in zwei münsterschen Bistumsregionen. Und in den meisten der kleinsten Bundesligastadien wäre immer noch Platz.
Warum es den Katholikentag weiter braucht
Will sagen: Ja, es braucht dieses Treffen im Auftankbecken! Das darf auch ordentlich (Kirchensteuermittel) kosten, denn Wertschätzung für Engagierte ist teuer Geld wert. Doch den Relevanzverlust der Kirche in der Gesellschaft zu dämpfen oder gar Relevanz wiederherzustellen – dazu bräuchte es weitaus mehr.
Dauerhaft Kompetenzen zusammenzubringen, Räume zu öffnen und für eine respektvolle Streitkultur zu sorgen, wäre ein Anfang. Nicht zuletzt für die Kirche selbst.