PFLEGE

Homosexualität im Alter: Wie eine katholische Akademie das Tabu durchbricht

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Wie können Pflegekräfte mit queeren Senioren gut umgehen? Die Akademie Stapelfeld möchte dabei helfen, denn noch immer gibt es Vorbehalte.

Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt gibt es auch in älteren Generationen. Das belegt der neunte Altersbericht der Bundesregierung ‚Alt werden in Deutschland – Vielfalt der Potenziale und Ungleichheit der Teilhabechancen‘ aus diesem Jahr. „Doch ältere queere Menschen kommen im öffentlichen und professionellen Diskurs selten vor“, sagt Andrea Teti.

Er ist Professor für Gerontologie an der Universität Vechta. Mit dem Landes-Caritasverband für Oldenburg und der Fachstelle für Pastorale Bildung und Begleitung hat er an der Katholischen Akademie Stapelfeld in Cloppenburg den Fachtag „Umgang mit LSBTIQ+ im Alter“ vorbereitet.

Homosexualität war strafbar

Die Abkürzung LSBTIQ+ steht für lesbisch, schwul, bisexuell, trans, intergeschlechtlich, queer und weitere sexuelle Orientierungen und geschlechtliche Identitäten. Besonders Mitarbeitende in Alten- und Pflegeeinrichtungen und Seelsorgende sollen durch den Fachtag für den Umgang mit queeren älteren Menschen sensibilisiert werden. Doch warum ist das nötig?

Homosexuelle Handlungen waren in Deutschland lange gesetzlich verboten. Betroffene wurden strafrechtlich verfolgt. Erst 1994 ist der entsprechende Paragraph 175 aus dem Strafgesetzbuch gestrichen worden. 

Bis dahin waren viele homosexuelle Menschen in ihrer Jugend und ihrem Berufsleben gezwungen, ihre Identität zu verbergen, sagt Teti. „Manche tragen schmerzliche Erfahrungen von Ausgrenzung und Diskriminierung in Familie, Beruf oder Kirche mit sich“, so der Altersmediziner.

Alt und queer sein, macht doppelt verletzlich

Diese biografischen Erfahrungen wirkten bis ins Alter hinein und prägten die Betroffenen bezüglich Vertrauen, Scham, Offenheit und der Bereitschaft, Hilfe anzunehmen. Teti spricht hier von einer doppelten Verletzlichkeit. Zum einen würden queere Menschen bis heute aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität häufig diskriminiert.

Zum anderen seien sie aufgrund ihres Alters und den damit verbundenen körperlichen und geistigen Einschränkungen auf Unterstützung im Alltag angewiesen. Es sei zu vermeiden, dass Betroffene in den Pflegeeinrichtungen erneut negative Kommentare und Ablehnung aufgrund ihres Queer-Seins erfahren.

Geschlechtseintrag selbst bestimmen

Auch in der jüngeren Vergangenheit gab es Fortschritte auf politischer Ebene, sagt Teti. Damit meint er das Selbstbestimmungsgesetz, das am 1. November 2024 in Kraft trat. Es löste das Transsexuellengesetz ab, das ein Gutachten und ein Gerichtsverfahren vorschrieb, wenn Personen ihren Geschlechtseintrag und Vornamen ändern lassen wollten. Seit einem Jahr reicht hierfür ein einfaches Verfahren beim Standesamt aus.

Der Fachtag „Umgang mit LSBTIQ+ im Alter“ findet am 6. November in der Katholischen Akademie Stapelfeld, Stapelfelder Kirchstraße 13 in 49661 Cloppenburg, statt. Interessierte können sich online dafür anmelden.

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