Am Freitagabend geht im Oldenburger Land symbolisch das Licht aus

Katholische Kliniken zahlungsunfähig? Zehn Krankenhäuser warnen

  • Die zehn katholischen Krankenhäuser im Oldenburger Land sehen sich finanziell in ihrer Existenz bedroht.
  • Sie fordern einen finanziellen Schutzschirm aus Steuermitteln.
  • Um die Krise deutlich zu machen, wollen sie in einer „Licht-Aus-Aktion“ für eine Viertelstunde ihre Häuser verdunkeln.

Anzeige

Im Gespräch klingen die Vertreter der Krankenhäuser regelrecht verbittert. „Vor zwei Jahren haben die Leute auf den Balkonen für unsere Pflege geklatscht“, sagt Martin Pohlmann, stellvertretender Direktor des Landes-Caritasverbandes für Oldenburg. „Aber jetzt haben sie uns anscheinend vergessen.“

Ulrich Pelster spricht für katholische Kliniken in Vechta, Lohne, Cloppenburg und Damme. Er sagt: „Bei Corona waren wir gut genug, die Kohlen aus dem Feuer zu holen. Und jetzt?“

Kurz vor Zahlungsunfähigkeit

Die zehn katholischen Kliniken im Oldenburger Land sehen sich nach zwei Jahren Corona, Pflegekräfte-Mangel, Energiekrise und steigender Inflation finanziell vor dem Abgrund. Vor Journalisten in Oldenburg haben sie vor der drohenden Zahlungsunfähigkeit ihrer Häuser gewarnt. Kein Haus könne zurzeit einen seriösen Wirtschaftsplan für das kommende Jahr aufstellen, so Pohlmann.

Um die Öffentlichkeit wachzurütteln, wollen sie am heutigen Freitag von 18 Uhr bis 18.15 Uhr in ihren Häusern das Licht löschen: außen, in Zimmern und auf den Fluren soll die Beleuchtung ausgeschaltet werden. „Als Zeichen für die Gefahr, dass bei uns wirklich bald das Lichr ausgehen kann“, erklärt Pohlmann. Auch das Evangelische Krankenhaus in Oldenburg will sich an der Aktion der katholischen Kliniken beteiligen. Die Patienten- und Notfallversorgung soll gesichert bleiben.

Finanzkrise in Ankum als Anlass

Ernste Gesichter angesichts der bedrohlichen Lage: (von links) Martin Pohlmann, stellvertretender Caritasdirektor vom Landes-Caritasverband in Vechta, Ulrich Pelster von der Schwester-Euthymia-Stiftung in Vechta und Ingo Penner vom Marienhospital in Brake. | Foto: Franz Josef Scheeben
Ernste Gesichter angesichts der Lage: (von links) Martin Pohlmann, stellvertretender Direktor des Landes-Caritasverbands in Vechta, Ulrich Pelster von der Schwester-Euthymia-Stiftung in Vechta und Ingo Penner vom Bernhardhospital in Brake. | Foto: Franz Josef Scheeben

Die Aktion hat einen aktuellen Anlass: In Ankum im Kreis Osnabrück soll das Marienhospital wegen seiner Finanzkrise aus der Regelversorgung herausgenommen werden.

Das Problem: Ein katholisches Krankenhaus arbeitet im laufenden Betrieb als Wirtschaftsunternehmen, das seine Kosten selbst decken muss. Die Krankenkassen zahlen für die Behandlung eines Patienten eine bestimmte Summe, die so genannte Fallpauschale - unterschiedlich nach der Krankheit der Patienten. Davon müssen allerdings auch feste Kosten wie Personal bezahlt werden.

Bezahlung wie bei der Feuerwehr?

Ingo Penner, Geschäftsführer des Bernhardhospitals in Brake, fordert hier eine Änderung. „Die Feuerwehr wird ja auch bezahlt, wenn es nicht brennt.“ Sein Krankenhaus ist mit rund 100 Betten das kleinste katholische Allgemeinkrankenhaus im Oldenburger Land. Zudem konkurriert es im Kreis Wesermarsch mit der privaten Helios-Klinik Nordenham um Patienten. Doch auch an kommerziellen Kliniken gehe die Krise nicht vorbei, betont er. Dort schreibe man seit Jahren rote Zahlen.

Den großen Unterschied erklärt Martin Pohlmann: In einer finanziellen Krise warte bei kommerziellen Häusern die Konzernzentrale im Hintergrund, um den kriselnden Betrieb zu retten. Bei kommunalen Häusern seien dann Bürgermeister und Landräte mit Steuermitteln zur Stelle. Bei katholischen Kliniken fehlten solche „Gewährsträger“.

Warum die Kirche nicht helfen kann

Ein Krankenhaus der Universitätsmedizin: das Piushospital in Oldenburg. Von der aktuellen Existenzkrise ist es ebenso betroffen wie die kleineren katholischen Krankenhäuser auf dem Land. | Foto: Franz Josef Scheeben
Das Piushospital in Oldenburg ist ein Krankenhaus der Universitätsmedizin. Von der aktuellen Existenzkrise ist es aber ebenso betroffen wie die kleineren katholischen Krankenhäuser auf dem Land. | Foto: Franz Josef Scheeben

Auch die Kirche könne nicht helfen. Denn aus Kirchensteuern lässt sich der Betrieb einer Klinik nicht finanzieren. Schon der Umsatz eines kleinen Krankenhauses übersteigt den Jahreshaushalt der ganzen oldenburgischen Kirche.

Die Bundespolitik berate gerade ein Entlastungsgesetz für die Krankenpflege, berichtet Alexander Poppinga, Geschäftsführer im Evangelischen Krankenhaus Oldenburg. Am kommenden Freitag soll es im Bundesrat abschließend beraten werden. Doch die bürokratischen Hürden im Gesetz seien hoch, es sei „viel zu komplex“, um kurzfristig zu helfen.

Keine Gleichbehandlung bisher

Bitter enttäuscht von der Krankenhauspolitik: Martin Pohlmann, stellvertretender Caritasdirektor im oldenburgischen Teil des Bistums Münster. | Foto: Franz Josef Scheeben
Bitter enttäuscht von der Krankenhauspolitik: Martin Pohlmann, stellvertretender Caritasdirektor im oldenburgischen Teil des Bistums Münster. | Foto: Franz Josef Scheeben

Die Kliniken bräuchten aber sofort Hilfe, fordert Martin Pohlmann für den Landes-Caritasverband. Bei einer möglichen Inflationsrate von acht Prozent im kommenden Jahr hätten die die Krankenkassen aber nur einen Ausgleich von 4,3 Prozent angeboten. „Keine Klinik kann so etwas auffangen.“

Ulrich Pelster betont als Vorstand der Schwester-Euthymia-Stiftung in Vechta, man wolle ja gar keine Bevorzugung. Die Forderung nach finanzieller Hilfe durch den Bund sei nur der Wunsch nach „Gleichbehandlung“ mit kommunalen Häusern. Davon aber könne zurzeit keine Rede sein, stellt er klar.

Anzeige