Richter verurteilt Rechtsbruch - und will es eigentlich nicht

Katholische Ordensfrau wegen Kirchenasyl schuldig gesprochen

  • Eine katholische Ordensfrau ist wegen Gewährung von Kirchenasyl schuldig gesprochen worden.
  • Das Amtsgericht Würzburg sah es als erwiesen an, dass sie einer Nigerianerin Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt gewährt habe.
  • Der Richter verurteilte einen Rechtsbruch - und machte deutlich, den Fall moralisch anders zu bewerten.

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Eine katholische Ordensfrau ist wegen Gewährung von Kirchenasyl schuldig gesprochen worden. Das Amtsgericht Würzburg sah es als erwiesen an, dass sie einer Nigerianerin Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt gewährt habe.

Der Richter sprach eine Verwarnung mit Strafvorbehalt aus mit einer Bewährungszeit von zwei Jahren. Dies betrifft die Geldstrafe von 30 Tagessätzen je 20 Euro. "Wir leben in einer Demokratie, nicht in einem Gottesstaat. Offener Rechtsbruch, der nicht entschuldigt werden kann", sagte Richter René Uehlin.

Gleichwohl wurde deutlich, dass er den Fall moralisch anders beurteilt als rechtlich. Ein Rechtsbruch müsse sanktioniert werden; doch eigentlich seien die konkreten Fälle nichts für die Strafjustiz, so der Jurist. "Es ist ein Unding, dass ich als Strafrichter über solche Fälle zu entscheiden habe." Eine Einstellung kam aber nicht infrage; die Staatsanwaltschaft Würzburg wollte das Urteil.

 

Ordensfrau: Ich konnte nicht anders handeln

 

Ursprünglich standen zwei Fälle von Kirchenasyl zur Anklage. Ein Fall wurde vorläufig eingestellt, weil unklar ist, ob eine Fristverlängerung zur Überstellung der Nigerianerin nach Italien den dortigen Behörden mitgeteilt wurde. Falls nicht, könnte es sein, dass Deutschland bereits für das Asylverfahren der Frau zuständig war. Dann wäre das Kirchenasyl überflüssig gewesen.

Schwester Juliana Seelmann erklärte vor Gericht, sie hätte im Fall der beiden Frauen keine andere Wahl gehabt, diese ins Kirchenasyl zu nehmen. Beiden hätte bei Rückführung erneut Zwangsprostitution gedroht. Sie habe so gehandelt, "weil ich nicht anders konnte, nach meinem Gewissen und Glauben".

 

Das Schicksal der beiden Frauen

 

Die 38-jährige Ordensfrau hatte im Kloster der Oberzeller Franziskanerinnen zwei Nigerianerinnen für zwei beziehungsweise vier Monate aufgenommen, als diese nach Italien abgeschoben werden sollten. Zum Prozess kam es, weil Seelmann einen Strafbefehl über 1.200 Euro nicht akzeptiert hatte.

Den beiden 23- und 34-jährigen Flüchtlingsfrauen hätte in Italien erneut die Zwangsprostitution gedroht, so die Ordensfrau. Diese hätten sie bereits auf ihrer Flucht in dem Land erlebt und wiederum, als sie nach einer ersten Flucht nach Deutschland freiwillig nach Italien zurückgingen.

 

Zweiter Prozess in Bayern in kurzer Zeit

 

Der Fall in Würzburg ist der zweite Prozess innerhalb weniger Wochen gegen einen Ordensangehörigen in Bayern. Ende April hatte sich der Münsterschwarzacher Benediktinermönch Abraham Sauer vor dem Amtsgericht Kitzingen wegen des gleichen Vorwurfs verantworten müssen. Er wurde aufgrund der im Grundgesetz geschützten Glaubens- und Gewissensfreiheit freigesprochen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, nachdem die Staatsanwaltschaft Würzburg angekündigt hatte, Rechtsmittel einzulegen.

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