Interview mit Pfarrer Ludger Kaulig über die Hintergründe

Katholische St.-Gottfried-Kirche Ahlen ist jetzt syrisch-orthodox

Am 11. Januar wird die St.-Gottfried-Kirche in Ahlen offiziell an die aramäische Gemeinde St. Johannes der Täufer übergeben. Pfarrer Ludger Kaulig spricht über die Hintergründe.

 

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Am 11. Januar um 17.30 Uhr wird die St.-Gottfried-Kirche in Ahlen an die aramäische Gemeinde St. Johannes der Täufer übergeben. Die syrisch-orthodoxen Christen nutzen das Gotteshaus schon seit Längerem. Inzwischen ist es an die Aramäer verkauft worden. Pfarrer Ludger Kaulig von St. Bartholomäus Ahlen erläutert die Hintergründe:

Herr Pfarrer Kaulig, wie kam es zu dem Kontakt mit den Aramäern?

Seit den 1960er Jahren kamen zunehmend aramäische Christen nach Westeuropa – viele auch nach Ahlen. Über den Kontakt mit meinem Vorgänger Pfarrer Paul Mennebröcker und mit unserem damaligen Bischof Reinhard Lettmann wurde ihnen ermöglicht, St. Gottfried für ihre Gottesdienste mitzunutzen. Auch ihr erster Pfarrer wurde 1978 in St. Gottfried geweiht – zuständig für ganz Nordrhein-Westfalen, vor allem aber für die circa 70 Familien in Ahlen.

Später haben die Aramäer eine eigene Kirche in Ahlen gebaut und St. Gottfried verlassen. Als die Zahl der Familien weiter wuchs, musste eine andere Lösung her. In der syrisch-orthodoxen Kirche ist es üblich, dass ab der Zahl von 200 Familien die Gemeinden geteilt werden. Das war vor etwa 20 Jahren der Fall. Seitdem nutzte die zweite aramäische Gemeinde, St. Johannes der Täufer, wieder unsere Gottfried-Kirche mit. Heute leben rund 400 aramäische Familien in Ahlen. Viele von ihnen wohnen in der Nähe der St.-Gottfried-Kirche.

St. Gottfried ist inzwischen an die die aramäische Gemeinde St. Johannes der Täufer verkauft.

Ja, der Vertrag wurde im November unterzeichnet. Wir feiern jetzt am 11. Januar die offizielle Übergabe mit einem Gottesdienst. Das Ensemble besteht aus Kirche (1954), Pfarrhaus (1956) und Pfarrheim (1980). Der Pfarrer der aramäische Gemeinde St. Johannes der Täufer, Petrus Kaya, wohnt schon lange gegenüber der Kirche. Er war in St. Gottfried Messdiener und ist hier zum Priester geweiht worden. Den St.-Gottfried-Kindergarten haben wir nicht verkauft, er wird so weiterbestehen.

Pfarrer Ludger KauligPfarrer Ludger Kaulig. | Foto: Johannes Bernard

Wie haben die katholischen Gemeindemitglieder auf den Verkauf des Gotteshauses und der übrigen Gebäude reagiert?

Der Verkauf der Kirche an die Aramäer ist seit rund zehn Jahren in der Diskussion. Es war für die Gemeindemitglieder deswegen keine Überraschung, dennoch ist es immer traurig, eine Kirche aufzugeben. Bei der schwindenden Zahl katholischer Gemeindemitglieder sind viele aber auch kolossal froh darüber, dass die Kirche erhalten bleibt und als sakraler Bau weiter wertgeschätzt wird. Wir können St. Gottfried auch weiterhin für unsere Werktags-Gottesdienste mitnutzen. Diesmal sind aber wir die Gäste. Die Vorabmesse um 17.30 Uhr fällt jedoch in Zukunft weg.

Wie geht es in der katholischen Gemeinde nach dem Verkauf weiter?

Das muss sich noch zeigen. Eine Vorabendmesse bieten wir am Samstag auch in unseren Innenstadtkirchen St. Elisabeth und St. Bartholomäus an. Sie liegen mit dem Auto vielleicht drei Kilometer voneinander entfernt. Die große Frage aber wird sein: Was definiert eine Gemeinde oder einen Kirchort? Ist es allein der Kirchturm oder gibt es noch andere Möglichkeiten? Wird das Team aus Ehrenamtlichen weiterbestehen oder nicht? Wir sind gerade dabei, zu überlegen, wie wir den St.-Gottfried-Kindergarten, der uns ja noch gehört, darin einbinden können. Vieles ist also noch offen.

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