BKU-Vorsitzender Ulrich Hemel zur Lage in der Fleischbranche

Katholische Unternehmer: Leiharbeit nicht nur negativ sehen

Pfarrer Peter Kossen engagiert sich seit Jahren gegen die Ausbeutung von Arbeitern in der Fleischindustrie im Oldenburger Land. Wir haben den Bundesvorsitzenden des Bundes Katholischer Unternehmer (BKU), Ulrich Hemel, dazu befragt.

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Pfarrer Peter Kossen aus Lengerich engagiert sich seit Jahren gegen die Ausbeutung von Arbeitsmigranten und Leiharbeitern in der Fleischindustrie im Oldenburger Land. Arbeitnehmerverbände und Sozialpolitiker teilen seine Kritik. Wir haben den Bundesvorsitzenden des Bundes Katholischer Unternehmer (BKU), Ulrich Hemel, nach seiner Sicht gefragt.

Herr Hemel, die Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie werden seit Jahren kritisiert. Wie bewerten Sie als Vorsitzender des BKU die Lage?

BKU-Vorsitzender Ulrich Hemel. | Foto: privat
BKU-Vorsitzender Ulrich Hemel. | Foto: privat
Ulrich Hemel (62) ist nach Stationen bei der Boston Consulting Group und der Paul Hartmann AG – zuletzt leitend tätig als CEO – heute Inhaber der Firma „Strategie und Wert Unternehmensberatungs- und Beteiligungs-GmbH“. Zudem ist er Direktor des Weltethos-Instituts in Tübingen und Bundesvorsitzender des BKU.

Ich möchte um einen differenzierten Blick bitten. Die Fleischproduzenten stehen in einem internationalen Wettbewerb. Und sie reagieren auf Konsumverhalten: Solange die Verbraucher vor allem nach dem billigsten Preis verlangen, würde ich von einer geteilten Verantwortung für die Zustände sprechen. Außerdem muss man sehen: Nicht jeder Kunde kann es sich leisten, ausschließlich regional und fair hergestellte Produkte zu kaufen, die ja oft etwas teurer sind.

Ist es nicht zu einfach, Zustände in manchen Betrieben nur mit der allgemeinen Lage der Fleischbranche zu begründen?

Jeder Unternehmer möchte wirtschaftlich arbeiten und seine Produktionsstätten erhalten. Dafür wird er auch Grenzen ausloten. Ich wehre mich dagegen, Leiharbeit ausschließlich negativ zu sehen. Ein Unternehmer muss die Möglichkeit haben dürfen, zu tun, was Gesetze zulassen. Und in vielen Fällen sind Leiharbeitsverhältnisse ein Sprungbrett für Beschäftigte, um wieder fest angestellt zu werden. Klar ist aber auch: Es gibt gesetzliche Grenzen bei der Arbeitssicherheit, beim Arbeitsschutz und beim Gesundheitsschutz, hinter die niemand zurückfallen darf.

Und wenn doch?

Ich muss voraussetzen können, dass Behörden ihre Arbeit tun und Kontrollen durchführen. Es darf aber keinen Generalverdacht gegen Unternehmer geben, auch nicht in der Fleischindustrie. Ihre Firmen leisten auch einen Beitrag zum Gemeinwohl, indem sie Nahrungsmittel produzieren. Niemand sollte sich aber einer Diskussion verweigern – auch die kritisierten Unternehmen nicht. Es gibt sicher in mehreren Firmen einen begründeten Anfangsverdacht, dass Arbeitsbedingungen gegen Gesetze verstoßen. Solange aber keine konkreten Beweise vorliegen, möchte ich Vorwürfen skeptisch begegnen dürfen.

Was kann der BKU tun, damit es nicht zu Verstößen kommt?

Wir verstehen uns als Forum auch für kritischen Dialog. Für die Mitglieder im BKU sind Werte wie Fairness nicht die Sahne auf dem Kuchen, sondern unverzichtbarer Teil des Rezepts. Darauf würde ich Kollegen im Gespräch auch immer wieder hinweisen. Die Fairness, die wir von Unternehmern verlangen, muss es aber auch in der Gesellschaft und bei den Verbrauchern geben.

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