Ruf nach lauterer kirchlicher Stimme in der Debatte

Katholischer Medienkongress diskutiert über Digitalisierung

Welche Digitalisierung wollen wir? Das war eine der Fragen beim Katholischen Medienkongress. Ein Ergebnis: Die Stimme der Kirche in der Debatte darf lauter werden. Und: „Es gilt, wach zu sein. Aber ohne Angst.“

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Was wollen wir: Digitalisierung um jeden Preis – oder mit Verantwortung? Zwei Tage beschäftigten sich 300 Teilnehmer beim Katholischen Medienkongress in Bonn mit großen Fragen rund um die Herausforderungen der digitalen Welt. Mit dabei waren neben zahlreichen Kirchenvertretern unter anderem „Bild“-Chefredakteurin Tanit Koch, Telekom-Chef Timotheus Höttges und Ex-Verfassungsrichter Paul Kirchhof.

Hass und Hetze im Internet, klassische versus „soziale“ Medien, die Flut an Daten, die „Macht der Maschinen“ – die Stimme der Kirche in diesen Debatten ist offenbar willkommen. „Ich würde mir die Kirche noch lauter wünschen“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Telekom, Höttges. Die Kirche solle sich deutlich einmischen – auch mit ihrer Morallehre.

 

„Wach sein – ohne Angst“

 

Beim Kongress tat das der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx. Er verteufelte digitale Entwicklungen nicht – pochte aber darauf, dass die Menschen nicht zu kurz kommen dürften. Und verwies darauf, dass Maschinen schon einige Leute um ihre Arbeitsplätze gebracht hätten. Sein Fazit: „Es gilt, wach zu sein. Aber ohne Angst.“

Der deutsche katholische Medienbischof Gebhard Fürst rief zur offensiven Auseinandersetzung mit den Folgen des digitalen Wandels auf. Die Kirche solle die „Deutungshoheit über digitale Entwicklungen“ nicht nur anderen Gruppen überlassen. Es gelte, sich „möglichst kompetent“ einzubringen, ohne in Kulturpessimismus zu verfallen.

 

Probleme Daten-Sammelwut und Hass im Netz

 

Allerdings: Als Themen, „die unserer wachsamer Aufmerksamkeit bedürfen“, nannte Fürst die Datensammelwut von Konzernen im Internet oder „Hass und Verrohung“ bei der Kommunikation. Die Kirche könne sich etwa bei der Entwicklung eines angemessenen Jugendmedienschutzes engagieren.

Der Geschäftsführer des Katholischen Medienhauses in Bonn, das den Kongress ausrichtete, Theo Mönch-Tegeder, sagte, es sei „nicht so, dass Leute kein Interesse an Religion haben“. Aber: Nicht immer stimme die Kommunikation. Man müsse schneller lernen, von einzelnen Interessengruppen und ihren Bedürfnissen her zu denken.

 

Katholischer Medienpreis verliehen

 

Der Münchner Medienethiker Alexander Filipovic wünschte sich mehr „zivilgesellschaftlichen Widerstand“ gegen mögliche negative Folgen der Digitalisierung. Zugleich beklagte er, die Politik behandle Fragen des digitalen Wandels immer noch recht stiefmütterlich. Für viele Medien sei die Herausforderung, angesichts einer immer größeren Vielfalt mit den eigenen Beiträgen Gehör zu finden, ergänzte der Chefredakteur des Berliner „Tagesspiegel“, Lorenz Maroldt.

Gehör gefunden haben die Träger des Katholischen Medienpreises, der am Montagabend verliehen wurde: die Journalisten Jeanne Turczynski (Bayern 2), Claas Relotius („Der Spiegel“) und Christina Fee Moebus (Nordwestradio). Ihre Beiträge – zum Beispiel zu Spätabtreibungen oder zu Waisenkindern auf der Flucht – wurden nicht nur beachtet und mit insgesamt 12.000 Euro ausgezeichnet, sondern haben sogar einiges bewirkt – etwa, dass die Kinder eine Pflegefamilie gefunden haben.

Damit es in der Klassentreffen-Atmosphäre der katholischen Medienszene nicht zu heimelig wurde, bemühte sich Jurist Kirchhof, etwas Wasser in den Wein der Digitalisierung zu kippen. Es gelte, sich auf das Individuum und seine Grundrechte zu besinnen. Und: Der digitale Fortschritt sei ein Experiment: „Die Maschine hat kein Ethos.“

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