Unions-Fraktionschef erwartet Interventionen an Regierungen

Kauder: „Nur wo Religionsfreiheit herrscht, gibt es Frieden“

80 Abgeordnete aus 40 Ländern kommen ab Montag zu einer Konferenz für Religions- und Glaubensfreiheit zusammen. Aber was kann eine solche Konferenz überhaupt bewirken?

 

Anzeige

Vor zwei Jahren wurde das "Internationale Parlamentarier-Panel für Religions- und Glaubensfreiheit" in Oslo gegründet. Am Montag (12.09.2016) beginnt dazu die zweite internationale Konferenz. Vertreter aus 40 Ländern haben ihr Kommen angekündigt. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird dabei sein. Zu den Erwartungen äußerte sich Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU), der zu den Initiatoren des Panels gehört, vorab im Interview.

Herr Kauder, was kann das Parlamentarier-Panel etwa mit Blick auf die weltweite Bedrohung des "Islamischen Staats" (IS) erreichen?

Volker Kauder: In unvorstellbarer Art und Weise bedrängt, verfolgt und tötet der sogenannte Islamische Staat Menschen, die sich seinen religiösen Vorstellungen nicht unterwerfen wollen. Diese in ihrer Brutalität nicht zu überbietenden Terroristen sind durch Appelle von Parlamentariern nicht zu erreichen. Das wissen wir. Natürlich werden wir uns aber mit der Lage in Syrien und im Irak beschäftigen und vielleicht diskutieren, wie es nach einer Niederlage des IS dort weitergehen kann.

Aber überall auf der Welt sind Millionen von Gläubigen unter Druck. Oft geht das von den Staaten selbst aus. In Saudi-Arabien dürfen zum Beispiel die religiösen Minderheiten keine Gebetsstätten errichten. So gibt es keine Kirche, die die Millionen christlicher Gastarbeiter besuchen können. Auch im Iran ist die freie Wahl des Glaubens verboten. In Vietnam ist es den Kirchen unmöglich, frei zu arbeiten. In Nordkorea ist praktisch jedes freie religiöse Leben ausgelöscht.

Aber nicht nur Staaten bedrohen die Religionsfreiheit...

Kauder: Richtig. In Pakistan und Indien beispielsweise werden Christen eher durch Fanatiker der Mehrheitsreligionen bedrängt. Anders ist die Lage wiederum in Nigeria. All diese Entwicklungen werden wir von Montag bis Mittwoch im Einzelnen beleuchten und benennen. Wir als Parlamentarier wollen den Fokus auf dieses Elend richten. Das ist die Voraussetzung dafür, dass die Regierungen dieser Welt, so sie sich denn den Menschenrechten verschrieben haben, auf internationaler Ebene auch dem Thema Religionsfreiheit noch mehr Aufmerksamkeit schenken. Denn eines hat sich in den vergangenen Jahren gezeigt: Nur wo Religionsfreiheit herrscht, gibt es Frieden. Wo sie missachtet wird, leben die Menschen auch insgesamt in Unfreiheit oder sind gar an Leib und Leben bedroht.

Sollen auf der Konferenz konkrete Beschlüsse gefasst werden?

Kauder: Die Konrad-Adenauer-Stiftung und die Bundestagsfraktion als Veranstalter dieser drei Tage erwarten etwa 80 Abgeordnete aus rund 40 Ländern. Wenn so viele Parlamentarier aus so vielen Ländern zusammenkommen, um sich der Religionsfreiheit zu widmen, ist das zunächst einmal ein starkes Signal. Es zeigt, dass hier etwas in Bewegung gekommen ist. Ziel ist es, dieses noch junge Netzwerk weiter zu festigen.

Es wird aber auch eine Reihe von eindeutigen Interventionen an die Adresse von Regierungen geben, die die Glaubensfreiheit missachten. Konkret geht es dabei um die Regierungen von Vietnam, Eritrea, Pakistan und Myanmar. In diesen Interventionen geht es immer um konkrete Einzelfälle. Wir werden auch einen interessanten Reisebericht hören: Im August dieses Jahres ist eine Parlamentarier-Delegation, die mit Afrika, Europa und Nordamerika drei Kontinente repräsentiert hat, nach Myanmar gereist, um zur Versöhnung der Religionen in diesem Land beizutragen. Ich bin gespannt zu hören, was die Delegation erlebt hat.

Auf einem Podium sitzen eine Christin aus Pakistan, eine Jesidin aus dem Irak und ein Muslim aus Myanmar zusammen. Alle waren und sind in ihrem Land politisch tätig. Was erhoffen Sie sich durch solche Begegnungen?

Kauder: Natürlich können gerade solche Parlamentarier authentisch über den Stand der Religionsfreiheit in ihrem Land berichten. Man kann auch Vergleiche ziehen. Dabei wird sicher auch zur Sprache kommen, wie in den einzelnen Ländern Parlamentariern, die einer religiösen Minderheit angehören, in ihrer Tätigkeit Grenzen gezogen werden.

Sind auch deutsche muslimische Parlamentarier beteiligt?

Kauder: Zur der Veranstaltung wurden weltweit auch viele Parlamentarier muslimischen Glaubens eingeladen, darunter deutsche Abgeordnete. Auf dem Podium werden Muslime aus Pakistan, den Malediven und aus Norwegen vertreten sein. Es war eine interessante und nicht ganz triviale Aufgabe, die religiösen und parlamentarischen Kalender der unterschiedlichsten Staaten miteinander abzustimmen.

Wie sieht es mit der Beteiligung jüdischer Abgeordneter aus?

Kauder: Zu den Gästen der Konferenz zählen Parlamentarier jüdischen Glaubens wie auch Buddhisten, Hindus, Muslime und Christen aller Konfessionen. Wir freuen uns sehr, dass eine sehr prominente Stimme aus dem Judentum, der US-amerikanische Sonderbotschafter für Religionsfreiheit, Rabbiner David Saperstein, eine zentrale Rolle im Programm der Konferenz einnehmen wird.

Die Bundeskanzlerin wird auf dem Kongress sprechen. War es mit Blick auf ihren vollen Terminkalender schwierig, sie zur Teilnahme zu bewegen?

Kauder: Angela Merkel hat mir auf meine Einladung sofort zugesagt. Sie weiß seit langem um die Bedeutung der Religionsfreiheit.

Wird es in Zukunft alljährlich ein solches Treffen geben? Und welches Feedback gibt es aus den beteiligten Ländern?

Kauder: Die norwegische Regierung hat aufgrund des Eintretens von Abid Raja, einem Parlamentarier, der als Sohn pakistanischer Flüchtlinge als Muslim in Norwegen aufwuchs, Mittel für die Finanzierung einer Geschäftsstelle der Parlamentariervereinigung bereitgestellt. Ich bin zuversichtlich, dass es auch in den nächsten Jahren Treffen dieser Art geben wird. Diskutiert werden auch weitere gemeinsame Delegationsreisen. Wir stehen als Parlamentariervereinigung noch am Anfang eines langen Wegs. Aber wir werden erfolgreich sein und dem Thema Religionsfreiheit noch mehr Bedeutung verschaffen.

Anzeige