Verbands-Expertin über Frauen in kirchlichen Führungspositionen

KFD klagt: Frauen-Unterordnung wird in der Kirche gern gesehen

Welche Chancen haben Frauen als Führungskräfte in der katholischen Kirche? Fragen an Agnes Wuckelt, stellvertretende Bundesvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (KFD).

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„Frauen als Führungskräfte in Wirtschaft und Kirche“ stehen im Mittelpunkt des Unternehmertreffens mit Bischof Felix Genn am Montag, 16. September, im Franz-Hitze-Haus in Münster. Wie ist die Lage innerhalb der katholischen Kirche? Das beantwortet Agnes Wuckelt, stellvertretende Bundesvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (KFD) und emeritierte Professorin für Praktische Theologie an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen in Paderborn.

Die Deutsche Bischofskonferenz hat im März beschlossen, den Anteil von Frauen in Führungspositionen in Generalvikariaten und anderen kirchlichen Institutionen in vier Jahren auf ein Drittel zu erhöhen. Wie bewertet die KFD den Beschluss?

Er kommt etwas spät. Natürlich begrüßen wir aber die Entscheidung. Sie zeigt, dass auch die Bischöfe die Notwendigkeit sehen, in diesem Bereich Fortschritte zu erzielen. Zwar bleibt es jedem einzelnen Bischof vorbehalten, ob er den Beschluss in seinem Bistum umsetzt. Ich hoffe aber, dass die nachprüfbaren Ziele und der „Gruppendruck“ dazu beitragen, dass auch jene Bistümer Schritte unternehmen, die bisher noch zögerlich waren.

Frauenquoten werden auch kritisch gesehen – sogar von Frauen. Wie sinnvoll sind Quoten?

Wir halten eine gesetzliche Frauenquote in Unternehmen für notwendig und setzen uns dafür ein. Viele Praxisstudien belegen, dass das Miteinander in gemischt-geschlechtlichen Gruppen besser klappt, und dass am Ende auch die Effizienz steigt. Ein Arbeitgeber muss sich aber natürlich die Frage stellen: „Schließt eine Frauenquote gut qualifizierte Männer aus?“

Führungspositionen nehmen oft viel Zeit in Anspruch. Das ist etwa in der Familienphase ein Problem…

In vielen Unternehmen und Institutionen – nicht nur kirchlichen – fehlt ein Personalentwicklungskonzept. Oft wird gar nicht bedacht, wie es Frauen und auch Männern gelingen kann, einen Job oder eine Führungsposition so auszufüllen, dass zum Beispiel Zeit bleibt für die Erziehung von Kindern. Da gehören Arbeitszeiten, Präsenzpflichten und Anforderungen auf den Prüfstand – auch für Aufgaben im Management.

Mit welchen Hemmnissen haben Frauen beim Aufstieg in kirchlichen Institutionen zu kämpfen?

Frauen haben kaum weibliche Vorbilder in Führungspositionen. Das kann demotivierend wirken. Eine Frau könnte denken: „Wenn das andere Frauen nicht geschafft haben, wieso sollte ich das dann schaffen?“ Hinzu kommt die religiöse Sozialisation. Im katholischen Glauben werden Frauen gern auf Maria hingewiesen, die immer hinter ihrem Sohn Jesus gestanden habe – aber nicht vor ihm. Dass Frauen sich in der Kirche unterordnen, ist immer noch verbreitet und wird in einer hierarchisch-männlich geprägten Kultur gern gesehen. Ein weiterer Faktor ist das Rollenbild mancher männlicher – zumal geweihter – Entscheidungsträger. Da steht der geweihte Mann gedanklich noch oberhalb des Nicht-Geweihten – und die Frauen rutschen automatisch eine weitere Stufe hinab. Ein zusätzliches Problem der Kirche ist: Viele Berufe, gerade auch Berufungen, verlangen ein gewisses Maß an Opferbereitschaft. Seelsorger müssen zum Teil rund um die Uhr erreichbar sein. Das mag auch von Führungskräften erwartet werden. Ich kann verstehen, dass Frauen einen solchen Einsatz nicht leisten wollen in einer Institution, in der sie insgesamt so untergeordnet sind.

Angesichts des Nachwuchsmangels in kirchlichen Berufen: Woher sollen die Führungs-Frauen eigentlich kommen?

Das ist ein generelles Problem. Viele hoch patente Frauen haben kirchlichen Arbeitgebern schon den Rücken gekehrt, weil sie nicht aufsteigen konnten oder den arbeitsrechtlichen Anforderungen der Kirchlichen Grundordnung nicht entsprochen haben. Als KFD machen wir es uns zur Kernaufgabe, Frauen zu qualifizieren. Es gibt Kurse namens „Führen und Leiten“, Seminare zum Auftreten und zur Rhetorik. Viele Teilnehmerinnen sagen, dass diese Kurse sie in der Persönlichkeitsentwicklung weitergebracht hätten. Als Professorin rate ich zudem: Auch kirchliche Arbeitgeber müssen den Kontakt zu Schul- und Universitäts-Absolventinnen suchen. Ich habe selbst bei unseren Theologinnen einige Unwissenheit über den Arbeitgeber Kirche festgestellt. Viele junge Menschen fürchten eine Art „totale Kontrolle“, weil sie die Vorgaben des kirchlichen Arbeitsrechts überschätzen. Außerdem muss die Kirche deutlich machen, dass sie Frauen nicht nur für die Pastoral oder in häufigen Frauenberufen wie Erzieherin, Lehrerin und Pflegekraft sucht. Auch bei der Kirche gibt es Bauingenieurinnen und – ja, auch Abteilungsleiterinnen.

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