Orgelbauer Fleiter aus Münster baut echte "Wurlitzer" für Heilig-Geist-Kirche in Lemgo um

Kino-Orgel wird Kirchen-Orgel – Premiere in Deutschland

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Kino-Orgeln wurden bis etwa Mitte des 20. Jahrhunderts in Lichtspielhäusern zur Begleitung von Stummfilmen eingesetzt. Zu Pfingsten 2022 soll ein solches Instrument in der Heilig-Geist-Kirche im lippischen Lemgo erklingen. Die erste Kino-Orgel in einer katholischen Kirche in Deutschland.

Orgel: Bei diesem Instrument denkt man sofort an Kirchen. Dort werden Orgeln gespielt. „Stimmt“, sagt Friedhelm Fleiter. Orgelmusik erklingt aber nicht nur in Gotteshäusern. „Stimmt auch“, schmunzelt der Orgelbaumeister aus Münster-Nienberge. Er kaufte 1997 eine „Wurlitzer Kino-Orgel“, die 1924 in den Vereinigten Staaten gebaut wurde, und stellte das Instrument in seiner Werkstatt auf. 

Ihr neues Zuhause wird Lemgo sein. Der Pastoralverbund Lippe/Detmold hat die „Wurlitzer“ erworben. Die Orgel wird in den nächsten Monaten in der Werkstatt der Orgelbau-Firma Fleiter in Münster generalüberholt, dann nach Lemgo transportiert und dort in der Heilig-Geist-Kirche klanglich auf die neue Umgebung abgestimmt.

In der Kirche soll die Kino-Orgel in Gottesdiensten und auch bei kulturellen Projekten, die dem Kirchenraum angemessen sind, eingesetzt werden. Darüber berichtete Pastoralverbund bereits 2017. Damals gab es erste Gepräche zum Erwerb der Orgel.

 

Der Platz wird gebraucht

 

Friedhelm Fleiter zog sich im Jahr 2007 aus dem traditionsreichen Familienbetrieb „Orgelbau Fleiter“ zurück, den sein Urgroßvater 1872 gründete. Die Nachfolger Eberhard Hilse und Stefan Linke führen die Firma unter dem bekannten Namen weiter. Das Unternehmen benötigt nun den Platz, an dem die Orgel seit mehr als 20 Jahren steht, für die Erweiterung der Werkstatt. Friedhelm Fleiter entschloss sich deshalb zum Verkauf des Instruments aus seinem Privatbesitz. „Ein bisschen Stolz und zugleich auch etwas Wehmut schwingen mit“, sagt der Handwerksmeister, wenn er die Geschichte der amerikanischen Orgel erzählt, die er auch als „Theater-Orgel“ bezeichnet.

Von 1914 bis 1940 baute die Rudolph Wurlitzer Company aus North Tonawanda im US-Staat New York Orgeln hauptsächlich für Kinos, aber auch für Theater und Restaurants. „Ursprünglich untermalte dieses Ein-Mann-Orchester die Stummfilme,“ erläutert Fleiter. Die Bedeutung ging mit der Verbreitung von Tonfilmen zurück, es gab aber weiter Interesse an der besonderen Orgel, die zum Beispiel auch Glocken, Trommeln und Pauken erklingen lässt und dadurch einen „Orchester-Effekt“ erzeugt. 

 

Von Los Angeles nach Münster-Nienberge

 

1946 kaufte ein Arzt aus Los Angeles die „Wurlitzer“ für private Konzerte. Nach dessen Tod im Jahr 1993 erwarb ein Interessent aus Deutschland, der bereits eine Kino-Orgel besaß, das Instrument. Bei der Suche nach Ersatzteilen lernte er Friedhelm Fleiter kennen. 1997 kam die Orgel in den Besitz des Handwerksmeistersund damit in die Fleiter-Werkstatt. Sie hat eine Aufbaufläche von knapp 7 Meter Breite, 2,50 Meter Tiefe und 3,30 Meter Höhe. Dazu kommt als besonderes Schmuckstück der Spieltisch.

Wurlitzer Kino-Orgeln waren in Deutschland führend. Der oft reich verzierte Spieltisch ist unabhängig vom Pfeifenwerk platziert – eine Voraussetzung dafür, das diese Instrumente in Kinos und Theatern und auch in Restaurants eingesetzt werden konnten.

 

Kino-Orgelkonzerte für den guten Zweck

 

„Die Kino-Orgel war in allen Jahren mein privates Hobby,“ sagt der Orgelbaumeister, dessen Sachverstand immer noch gefragt ist. Er veranstaltete in der Werkstatt Benefiz-Konzerte mit Kino-Organisten und unterstützte damit zahreiche soziale Projekte im regionalen  Bereich und „rund um die Welt“.

Viele Konzerte wurden aufgenommen, auch das Fernsehen machte Aufnahmen. Die Wurlitzer bleibt Friedhelm Fleiter in guter Erinnerung – und sie wird in Ostwestfalen viele neue Interessenten finden. Davon ist der Handwerksmeister fest überzeugt.

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