Kommentar zum neuen Jahr von Chefredakteur Christof Haverkamp

Kirche 2020: Bitte etwas weniger Selbstbeschäftigung

Noch ist das Jahr jung, viel steht nicht im kirchlichen Veranstaltungskalender für 2020. Zu sehr um sich selbst drehen darf sich die Kirche dennoch nicht, meint Chefredakteur Christof Haverkamp in seinem Kommentar.

 

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Noch ist das Jahr jung, viel steht nicht im kirchlichen Veranstaltungskalender für 2020. Zu sehr um sich selbst drehen darf sich die Kirche dennoch nicht, meint Chefredakteur Christof Haverkamp in seinem Kommentar.

Das Jahr 2020 verspricht für die katholische Kirche kein ereignisreiches Jahr zu werden, zumindest nach dem aktuellen  Stand. Abgesehen vom Synodalen Weg stehen in Deutschland und der Weltkirche keine besonderen Großereignisse im Kalender: Weder ist ein Katholikentag geplant noch ein Weltjugendtag noch eine spektakuläre Papstreise. Das Fehlen dieser Termine muss aber überhaupt nicht schlecht sein.

Im abgelaufenen Jahr war die katholische Kirche gezwungen, sich viel zu viel mit sich selbst zu beschäftigen – mit der weiteren Aufarbeitung von Fällen sexuellen Missbrauchs durch Kleriker weltweit beispielsweise oder in Deutschland mit den mittelfristig abnehmenden Kirchensteuereinnahmen und damit verbundenen Einsparungen.

 

Die Theologie muss Antworten finden

 

In so einer Situation besteht die Gefahr, dass wegen der Selbstbeschäftigung der Blick auf gesellschaftliche Herausforderungen in den Hintergrund zu geraten droht. Doch der Klimawandel und der Raubbau an der Natur sollten auch die Kirche nicht gleichgültig lassen. Ebenso wenig die Flüchtlingsfrage, Populismus, Wohnungslosigkeit und Altersarmut. Herausfordernd sind die fortschreitende Digitalisierung der Arbeitswelt mit radikalen Veränderungen, der zunehmende Einsatz künstlicher Intelligenz und damit verbundene wichtige ethische Fragen. Hier gilt es, auch in der Theologie überzeugende Antworten zu finden.

Zwar nimmt die Kirchenbindung weiter ab, doch existenzielle Fragen beschäftigen viele Menschen nach wie vor. Hier kommt es darauf an, dass wir uns als Christen auf unseren Kernauftrag besinnen und anderen sagen, warum es sich lohnt, in der katholischen Kirche zu bleiben und sie aktiv mitzugestalten – trotz mancher Missstände und Unvollkommenheiten. Die viel zitierte Zuwendung zu den Menschen am Rand darf dabei keine Floskel bleiben.

Mitunter ist es hilfreich, sich die positiven Eigenschaften unserer Kirche klar vor Augen zu führen. Sie stiftet Sinn, bietet Menschen eine Heimat. Und die Eucharistiefeier am Sonntag kann Kraft für den Alltag geben. Kirche darf kein Selbstzweck sein, sondern hat stets mit der Verkündigung des Evangeliums zu tun.

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