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Eine Studie will herausfinden, wie beide noch besser voneinander profitieren können, gerade in ländlichen Regionen. Auf eines müssen sie dabei achten.
Ganz gleich, ob Konzerte in Kirchen oder Ausstellungen in Pfarrsälen, Kirche und Kulturschaffende könnten mehr voneinander profitieren als es in ländlichen Räumen derzeit der Fall ist. Das jedenfalls ist die Ausgangsthese des Forschungsprojekts „Kultur unterm Kirchturm“, an dem derzeit auch ein Team der Universität in Vechta arbeitet.
„Es steht außer Zweifel, dass es hier große Potentiale gibt, die zum beiderseitigen Nutzen von Kirche und Kunstschaffenden genutzt werden können“, sagt dazu Professor Karl Martin Born, Direktor des Vechta Institute of Sustainability Transformation in Rural Areas (VISTRA) auf Anfrage von Kirche+Leben.
Chance für die Sichtbarkeit der Kirche
Auf Anfrage von Kirche+Leben beschreibt er die Win-Win-Konstellation einer engeren Zusammenarbeit von Kunst und Kirche. So fänden Kunstschaffende in Pfarrgemeinden angemessene Räume für ihre Kunst, die ja immer zentral gelegen und dem Publikum gut bekannt seien. Im Gegenzug gewinne auch die Kirche durch Konzerte, Lesungen oder Ausstellungen in ihren Räumen an Sichtbarkeit. Karl Martin Born bringt es auf den Punkt: „Teilweise betreten Menschen zum ersten Mal eine Kirche, weil sie an Kultur interessiert sind.“
Maria Rammelmeier, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Uni Vechta an dem Projekt mitarbeitet, beschreibt eine weitere Chance für die Kirche durch mehr Kooperation mit Kunst und Kultur. So könne es durch erweiterte Nutzungskonzepte möglicherweise gelingen, sakrale Kirchengebäude zu erhalten und damit unter Umständen nicht aufgeben zu müssen.
Bekommt Kirche wieder mehr Anerkennung?
Und sie nennt noch weitere Vorteile für beide: „Die Kirche kann sich für eine größere Gruppe zivilgesellschaftlicher Akteure öffnen und damit unter Umständen wieder zu mehr Anerkennung in der Gesellschaft beitragen (Stichwort ,Kirchenimage‘), und die Regionalentwicklung hat einen entscheidenden Player mehr im Boot.“
Allerdings müsse dabei darauf geachtet werden, dass beide Parteien, also Kirche und Kultur, gleichberechtigt dazu beitragen und keiner von beiden für Eigeninteressen instrumentalisiert wird. Mitbedacht werden muss zudem wohl auch ein weiterer Aspekt, der bei den ersten Befragungen im Rahmen des Forschungsprojekts zu Tage trat: die Frage der Überforderung.
Ländliche Räume im Fokus
„In unseren bisherigen Gesprächen wurde uns häufig gespiegelt, dass Pfarrpersonen und andere mit der Kirche verbundene Personen am Rande ihrer Leistungsfähigkeit sind und weitere Aufgaben kaum leistbar erscheinen“, erklärt dazu Institutsdirektor Born. Das könne man als Appell verstehen, die Einbindung von Kirche verträglich zu organisieren.
Die laufende Studie betrachtet vor allen Dingen die Rolle der Kirche in der Regionalentwicklung „in tendenziell schlechte gestellten ländlichen Räumen“, erklärt Professor Born. Dass sie dort bereits jetzt eine wichtige Rolle spiele, sei unbestritten. Sie präge das Dorfbild, sei seelsorgerisch tätig, unterhalte Kindergärten und Schulen und biete breit gestreute Bildungsarbeit für alle Bevölkerungsschichten.
Gesucht: Teilnehmer an Online-Umfrage
Um ihre Rolle als möglicher Ort für kulturelle Angebote und damit für die Regionalentwicklung noch besser beschreiben und Handlungsempfehlungen geben zu können, ist das Studienprojekt weiter bundesweit auf der Suche nach Kirchenvertretern sowie nach Akteuren, die schon jetzt in Kirchenräumen aktiv sind oder auf kirchliche Infrastrukturen zurückgreifen. Etwa Verantwortliche in Pfarreiräten oder anderen Gremien, aber auch Künstlerinnen und Künstler oder Verantwortliche in der Kommunalpolitik.
Sie sind eingeladen, unter der Internetadresse https://survey.lamapoll.de/Kultur-unterm-Kirchturm an einer Umfrage teilzunehmen, die noch bis zum 30. Juni 2025 läuft. Die Beantwortung des Fragebogens dauert etwa 10 Minuten. Das Projekt ist ein Kooperationsvorhaben der Universität Vechta und der Augustana Hochschule Neuendettelsau, gefördert vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.
Kulturkirche St. Christophorus Ladbergen
Ein Beispiel für die intensive Zusammenarbeit von Kunst und Kultur ist die St.-Christophorus-Kirche in Ladbergen. Sie gehört zur Lengericher Pfarrei Seliger Niels Stensen und hat es sich seit 2018 zur Aufgabe gemacht, Kulturschaffenden einen Raum zu geben, etwa für Konzerte, Ausstellungen, Lesungen oder Filmabende. Schon lange bevor St. Christophorus im Rahmen des Pastoralplans offiziell zur Kulturkirche wurde, hatte dort vor allem sakrale Musik eine große Rolle gespielt. Mittlerweile zeichnet ein zehnköpfiges Team für die Kulturarbeit dort verantwortlich.