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Die Aktion "OutInChurch" zieht weiter ihre Kreise, auch Bischöfe und Generalvikare sprechen sich jetzt für Reformen des Arbeitsrechts aus. Mit ein paar juristischen Änderungen ist es allerdings längst nicht getan, meint Peter Lenfers in seinem Gast-Kommentar. Der Pfarrer und Kreisdechant in Warendorf sieht Chancen für einen "großen Sprung".
Nachdem im vergangenen März das unselige Dekret aus Rom mit dem Verbot der Segnung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften im „zivilen (oder besser: kirchlichen) Ungehorsam“ freimütig konterkariert wurde und bundesweit über 100 bewegende Segnungsgottesdienste ohne demonstrative Absichten stattfanden, hat die Initiative „OutInChurch“ mit dem Zusammenschluss und Outing von über 120 queeren, der Kirche und ihrem christlichen Glauben mehr als verbundenen Menschen, erneut eine Tür in der Kirche weit aufgestoßen.
In der Solidarisierung dieser von der Kirche nach wie vor marginalisierten Menschen liegt eine Kraft, an der die Kirche und die Bistumsleitungen nicht mehr vorbeikönnen. Gottseidank! In so manchen Bistümern beeilten sich Generalvikare und Bischöfe denn auch sogleich zu betonen, dass die sexuelle Orientierung von Mitarbeitenden keinen Einfluss auf das Anstellungsverhältnis habe.
Verklemmte Sexualmoral
Der Autor
Peter Lenfers (59) ist seit 2009 Pfarrer und Kreisdechant in Warendorf.
Die Mitarbeitervertretung der Pastoralreferentinnen und -referenten des Bistums Münster wies umgehend zu Recht darauf hin, dass für ihre „Zunft“ nach wie vor die kirchliche Grundordnung greife. Somit ergibt sich bislang eine Diskrepanz zwischen Mitarbeitenden der Verwaltung und der sogenannten „verkündigungsnahen Berufe“.
Hier offenbaren sich mehrere Dilemmata: nicht nur, dass Dienstrecht und gelebte Wirklichkeit seit langem ziemlich auseinandergedriftet sind, sondern vor allem, was geschieht, wenn sich die Kirche als „ecclesia semper reformanda“ jahrzehntelang eben diesem alten Grundsatz verschließt. Da fällt ihr jetzt die ganze biedere, verklemmte und immer noch nicht an den Erkenntnissen der heutigen Humanwissenschaften orientierte Sexualmoral vor die Füße.
Bedenkenswert: Leidende geben Reformimpuls
Es ist also nicht mit ein paar sicherlich notwendigen Änderungen im Dienstrecht getan. Es bedarf vor allem der theologischen Neubewertung von verantworteter Partnerschaft. Dass dabei bis heute viel zu wenig von Liebe, sondern viel zu sehr von (einer Fixierung auf) Sexualität die Rede ist, spricht seine eigene Sprache.
Es gibt mir schon zu denken, dass gerade von denen, die unter der Kirche jahrzehntelang gelitten und ihre verantwortete Liebe oder sexuelle Orientierung verschwiegen haben, ein Reformimpuls ausgeht, der endlich nicht mehr nur einen kleinen Trippelschritt, sondern einen großen Sprung bedeuten könnte.
In unseren Gast-Kommentaren schildern die Autor:innen ihre persönliche Meinung zu einem selbst gewählten Thema. Sie sind Teil der Kultur von Meinungsvielfalt in unserem Medium und ein Beitrag zu einer Kirche, deren Anliegen es ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.