Schreiben der beiden Kirchen an alle Abgeordneten

Kirchen: Bei Organspende große Bedenken gegen Widerspruchslösung

In einem Brief an alle Abgeordneten des Bundestags haben die beiden großen Kirchen vor den Plänen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und anderen Parlamentariern zur Neuregelung der Organspende gewarnt

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In einem Brief an alle Abgeordneten des Bundestags warnen die beiden großen Kirchen vor den Plänen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und anderen Parlamentariern zur Neuregelung der Organspende. Bei der von der Gruppe vorgeschlagenen Widerspruchsregelung hätten sie „erhebliche rechtliche, ethische und seelsorgerliche“ Bedenken, heißt es in dem Schreiben, das in dieser Woche an die Abgeordneten ging. Der Staat „würde damit tief in den Kernbereich der menschlichen Existenz eingreifen“.

Unterzeichnet ist das Schreiben vom Bevollmächtigten der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Berlin, Martin Dutzmann, und dem Leiter des Katholischen Büros in der Hauptstadt, Karl Jüsten. „Mit dem Brief wollten wir vor den Weihnachtstagen einen Impuls geben zur individuell wie gesellschaftlich sehr folgenreichen Entscheidung des Bundestages Anfang des kommenden Jahres zur Organspende“, sagte Dutzmann dem Evangelischen Pressedienst (epd).

 

Abstimmung im Januar

 

Der Bundestag wird voraussichtlich in seiner ersten Sitzungswoche im neuen Jahr Mitte Januar über eine Neuregelung der Organspende abstimmen. Dazu konkurrieren im Wesentlichen zwei Gesetzentwürfe. Beide haben das Ziel, die Zahl der Organspenden zu erhöhen, unterscheiden sich aber im Herangehen. Eine Abgeordnetengruppe um Bundesgesundheitsminister Spahn und den SPD-Politiker Karl Lauterbach will die sogenannte Widerspruchsregelung einführen, wonach jeder Organspender wäre, der dem nicht widersprochen hat.

Eine andere Gruppe um die Grünen-Chefin Annalena Baerbock, die Linken-Vorsitzende Katja Kipping und den früheren Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) will an der jetzigen Regelung festhalten, wonach die Zustimmung Voraussetzung für eine Organspende ist. Der Willen soll aber regelmäßig bei Behörden oder beim Arzt aktiv erfragt werden.

 

Position der Kirchen

 

Die Kirchen sprechen sich für diese Regelung aus. Sie sei geeignet, „die erfreulich große Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung in eine individuelle Organspendebereitschaft zu überführen“, heißt es in dem Brief. Bei der Abstimmung im Bundestag wird der Fraktionszwang aufgehoben.

Zu den ethischen Bedenken gegen die Pläne von Spahn und Lauterbach erklärte Dutzmann: „Wir sind der Meinung, dass der Staat hier einen zu tiefen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht vornimmt, auch wenn ein Widerspruch möglich ist.“ Bei jeder Weitergabe persönlicher Daten gelte, dass man dieser explizit zustimmen müsse. „Das darf bei meinem Herzen oder meiner Niere doch nicht andersherum sein“, sagte der Prälat.

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