Zentrale Feier im Reformations-Gedenkjahr in Hildesheim

Kirchen feiern Versöhnungsgottesdienst - Verpflichtung zur Einheit

Katholiken und Protestanten in Deutschland haben sich verpflichtet, die sichtbare Einheit der Kirchen voranzutreiben. Diese Zusage war Teil eines zentralen Buß- und Versöhnungsgottesdienstes am Samstagabend in Hildesheim.

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Katholiken und Protestanten in Deutschland haben sich verpflichtet, die sichtbare Einheit der Kirchen voranzutreiben. Diese Zusage machten der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Heinrich Bedford-Strohm, bei einem zentralen Buß- und Versöhnungsgottesdienst am Samstagabend in Hildesheim. Bundespräsident Joachim Gauck würdigte in seinem Grußwort die wachsende Versöhnung der Konfessionen.

Bedford-Strohm sagte in einer Dialogpredigt mit Marx in der Michaeliskirche: „Das Reformationsgedenken soll ein neuer Anfang sein für einen Weg, der uns als Kirchen nicht mehr voneinander trennt, sondern zusammenführt.“ Er fügte hinzu: „Wir wollen in der Zukunft nicht mehr getrennt glauben, wir wollen gemeinsam glauben.“

 

Aus einer Sperre wurde ein Kreuz

 

Marx sprach von einem „Tag der Freude“. Er ergänzte: „Ich bin froh, dass wir heute ein Zeichen für ein versöhntes Miteinander setzen. Wir nehmen unsere Geschichte an, schauen auf das, was Christen sich gegenseitig angetan haben, und gehen gemeinsam weiter.“

Der Gottesdienst stand unter dem Leitgedanken „Erinnerung heilen - Healing of memories“. Auch Gauck, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) nahmen teil. Im Verlauf hatten Jugendliche eine symbolische Sperre zu einem Kreuz aufgerichtet.

 

Gauck: Versöhnung nur mit dem „Blick nach vorn“

 

Es gebe einen Weg, Trennungen zu überwinden, so Bedford-Strohm. Aus der Sperre sei ein Kreuz geworden, dies sei der Schlüssel. Marx betonte: „Ich wünsche mir, dass wir sagen können: Die Christen in unserem Land bekommt man nicht mehr auseinander.“ Im Zeichen des Kreuzes seien sie Hoffnungsträger für alle Menschen, besonders für die Armen, Schwachen und Hoffnungslosen.

Die Kirchen erinnerten auch an gegenseitige Schuld. Christen hätten voll Eifer Kriege gegeneinander geführt, bekannte Bedford-Strohm: „Weite Teile Deutschlands und Europas wurden verwüstet. Menschen sind um ihres Glaubens willen vertrieben, gefoltert und getötet worden.“ Marx ergänzte, Dörfer und Städte seien verfeindet gewesen, weil sie evangelisch oder katholisch waren: „Familien wurden zerrissen.“ Beide Seiten baten einander um Vergebung.

In einem Grußwort nach dem Gottesdienst lobte Bundespräsident Gauck mit Blick auf die gemeinsame Feier das „Zusammenspiel menschlicher Anstrengung, menschlichen guten Willens“ trotz der Geschichte der getrennten Kirchen. „Wieviel üble Nachrede und böse Vorurteile, wieviel Gemeinheiten und, ja, wie man heute sagen würde: Hasspredigten hat es in alten Zeiten gegeben“, sagte Gauck. Versöhnung gebe es „nur mit dem Blick nach vorne, ohne das Vergangene zu vergessen, aber auch ohne das Vergangene übermächtig bestimmend sein zu lassen“.

 

Kardinal Koch: „Die Hände lassen sich nicht mehr los“

 

Der Präsident des Päpstlichen Rats zur Förderung der Einheit der Christen, Kardinal Kurt Koch, erinnerte in einem Grußwort an 50 Jahre Dialog zwischen Lutheranern und Katholiken: „Die Hände, die sich evangelische und katholische Christen in den vergangenen Jahrzehnten gereicht haben, lassen sich nicht mehr los.“ Koch dankte dafür, dass zum ersten Mal in der Geschichte in ökumenischer Gemeinschaft der Reformation gedacht werde.

Der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland, forderte die Christen auf, der Welt die Kraft der Versöhnung zu zeigen: „Ja, es ist möglich, Hass und Feindschaft gemeinsam zu überwinden. Ja, es ist möglich, dass die Liebe siegt.“

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