Entwurf der großen Koalition lässt Entschädigungsansprüche von Opfern außer acht

Kirchen fordern Nachbesserungen beim Entwurf für Lieferkettengesetz

  • Entwicklungsorganisationen und kirchliche Hilfswerke haben sich erfreut über den Kompromiss der großen Koalition zu einem Lieferkettengesetz geäußert, aber stärkere Regelungen gefordert.
  • Das Gesetz müsse deutlich machen, dass Sorgfaltspflichten sowohl in den Bereichen Menschenrechte als auch Umwelt- und Klimaschutz bestehen und nicht nur von großen Unternehmen und mit Blick auf direkte Zulieferer zu erfüllen sind.
  • Ferner müsse das Gesetz Möglichkeiten vorsehen, schwere Menschenrechtsverletzungen vor deutschen Gerichten geltend zu machen.

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Die beiden großen Kirchen in Deutschland haben sich erfreut über den Kompromiss der großen Koalition zu einem Lieferkettengesetz geäußert, aber stärkere Regelungen gefordert. "Wir begrüßen, dass es nun wie vorgesehen noch in dieser Legislaturperiode zu einem Kompromiss im Blick auf das schon so lange drängende Thema gekommen ist", erklärten Prälat Martin Dutzmann, Bevollmächtigter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), und Prälat Karl Jüsten, Leiter des Kommissariats der deutschen katholischen Bischöfe, am Freitag in Berlin. Das geplante Gesetz soll große Unternehmen zur Einhaltung der Menschenrechte bei Zulieferern im Ausland verpflichten.

Die beiden Vorsitzenden der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) betonten, der Kompromiss könnte ein guter und wichtiger Schritt hin zu mehr Gerechtigkeit entlang der Lieferketten sein. "Dafür müsste das Gesetz insbesondere deutlich machen, dass Sorgfaltspflichten sowohl in den Bereichen Menschenrechte als auch Umwelt- und Klimaschutz bestehen und nicht nur von großen Unternehmen und mit Blick auf direkte Zulieferer zu erfüllen sind", erklärten Dutzmann und Jüsten.

 

Kirchen wolle Regelung auf EU-Ebene

 

Ferner müsse das Gesetz Möglichkeiten vorsehen, schwere Menschenrechtsverletzungen vor deutschen Gerichten geltend zu machen. "Wir setzen uns dafür ein, dass diese Aspekte im Gesetzgebungsverfahren Berücksichtigung finden. Wir appellieren darüber hinaus an die Bundesregierung, sich für eine ambitionierte Regelung auf EU-Ebene einzusetzen."

Unterdessen mahnte auch Pirmin Spiegel, Hauptgeschäftsführer des Hilfswerks Misereor, Nachbesserungen bei der zivilrechtlichen Haftung und der Achtung von Umweltstandards an. Brot für die Welt kritisierte, dass die Regelung Geschädigten in Bangladesch, Peru oder Ghana nicht die Chance auf Entschädigung vor deutschen Gerichten eröffne. Das zivilgesellschaftliche Bündnis "Initiative Lieferkettengesetz" sprach von einem "Anfang". "Made in Germany" dürfe nicht länger "für Kinderarbeit oder Fabrikeinstürze" stehen.

 

Lieferkettengesetz soll noch vor den Wahlen verabschiedet werden

 

Die Bundesregierung hat sich nach langem Tauziehen am Freitag auf den Entwurf eines Lieferkettengesetzes geeinigt. Nach dem nun vereinbarten Kompromiss müssen große deutsche Unternehmen nach einem gestuften Verfahren auf die Einhaltung von Menschenrechten auch bei ausländischen Zulieferern achten. Ansonsten drohen Bußgelder. Die Regelung soll noch vor den Wahlen verabschiedet werden.

Nach Heils Worten wird die Sorgfaltspflicht für den eigenen Geschäftsbereich besonders gelten und dann für den unmittelbaren Zulieferer. Bei mittelbaren Zulieferern sollen Unternehmen tätig werden, wenn sie Hinweise auf Menschenrechtsverletzungen erhalten. Das Bundesamt für Ausfuhrkontrolle werde ein "robustes Mandat" erhalten, um bei Verstößen Zwangs- und Bußgelder zu verhängen. Bei schweren Verstößen könnten Unternehmen für drei Jahre von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden.

 

Regelung soll ab dem 1. Januar 2023 in Kraft treten

 

Die Regelung soll nach Altmaiers Worten ab dem 1. Januar 2023 für Unternehmen mit mehr als 3.000 Arbeitnehmern gelten und ein Jahr später für solche mit mehr als 1.000 Arbeitnehmern. Danach ist eine Evaluierung geplant. So könnten sich deutschen Unternehmen zunächst mit der Bewältigung der Pandemie befassen. Es gebe keine zusätzliche zivilrechtliche Haftung.

Zugleich wolle man aber den privatrechtlichen Weg stärken, sagte Heil. Demnach sollen deutsche Gewerkschaften oder Nichtregierungsorganisation für Betroffene in Entwicklungsländern nach internationalem Privatrecht in Deutschland klagen können.

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