Hegge: Weltanschauliche Neutralität ist keine Neutralisierung

Kirchen und Initiativen befeuern Leitkultur-Debatte

Die „Initiative kulturelle Integration“, an der sich auch die Kirchen beteiligen, hat Thesen für ein gelingendes Zusammenleben vorgelegt. Den Begriff „Leitkultur“ vermeidet das Bündnis, Minister de Maizière verteidigt ihn allerdings.

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Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) verteidigt den Begriff „Leitkultur“. „Ich bestehe nicht darauf, aber ich benutze ihn gerne“, sagte er am Dienstag in Berlin. Man könne alternativ sagen „Richtschnur des Zusammenlebens in Deutschland, aber auch Leitbild“. Der Minister hatte vor zwei Wochen einen Zehn-Punkte-Katalog zur Leitkultur vorgestellt. Daran entzündete sich eine Kontroverse.

De Maizière äußerte sich bei einer Veranstaltung der „Initiative kulturelle Integration“, die selbst 15 Thesen für ein gelingendes Zusammenleben vorstellte, ohne dabei die „Leitkultur“ zu erwähnen. Am Nachmittag wurden die Thesen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) übergeben.

 

Hegge: Kirchen haben Kulturschatz mitgestaltet

 

Zu den 28 Initiatoren der „Initiative kulturelle Integration“ gehören der Deutsche Kulturrat, Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU), Vertreter von Bundesministerien (Inneres und Arbeit), von Kirchen, Religionsgemeinschaften und kommunalen Spitzenverbänden. Unter anderem beteiligen sich die katholische Deutsche Bischofskonferenz und die Evangelische Kirche in Deutschland.

Weihbischof Christoph Hegge aus Münster betonte im Namen der Bischofskonferenz, die Integration von Flüchtlingen, die in der Regel religiös geprägt seien, gelinge nur, wenn in Deutschland weltanschauliche Neutralität nicht mit Neutralisierung verwechselt werde. Der „reiche materielle und geistige Kulturschatz unseres Landes wäre ohne die maßgebliche Mitgestaltung der Kirchen und anderer Religionsgemeinschaften niemals entstanden“, sagte Hegge. Er ist Vorsitzender der Kommission für Wissenschaft und Kultur der Bischofskonferenz.

 

These: Religion gehört in den öffentlichen Raum

 

Als Grundlage für die Thesen beruft die Initiative sich auf das Grundgesetz. Die Unterzeichner halten fest, ihrer Auffassung nach gehöre Religion auch in den öffentlichen Raum. Zudem stärke eine demokratische Debatten- und Streitkultur die Meinungsbildung einer pluralistischen Gesellschaft.

Weitere Thesen besagen, dass die freiheitliche Demokratie Toleranz und Respekt verlange und Einwanderung zur deutschen Geschichte gehöre. Schlüssel zur Teilhabe sei die deutsche Sprache, heißt es. Kulturelle Vielfalt wird danach als Stärke aufgefasst.

 

Diskussion erwünscht

 

Bereits bei einem ersten Treffen im Dezember hätten sich die Beteiligten verständigt, den Begriff „Leitkultur“ nicht zu verwenden, so der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann. Der Begriff sei politisch „verbrannt“. Er spalte, anstatt zusammenzuführen.

Die Initiatoren betonten, die Thesen sollten einen Auftakt für eine gesellschaftliche Diskussion bilden, und riefen dazu auf, sich daran zu beteiligen. Es sei notwendig, solche Debatten führen, auch um diffusen Ängsten vor dem Fremden zu begegnen, sagte Kulturstaatsministerin Grütters.

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