Antwort auf Kleine Anfrage der Linkspartei

Kirchenasyl in Münster: Bundesregierung weist Kritik ab

Die gewaltsame Räumung des Kirchenasyls in Münster Ende August hat nun auch die Bundesregierung beschäftigt. Sie weist Kritik am Vorgehen der Behörden zurück – aber betont, Kirchenasyle zu respektieren.

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Die Bundesregierung weist Kritik an der gewaltsamen Räumung eines Kirchenasyls in Münster im August zurück. In der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion der Linken heißt es mehrfach, alle Behörden hätten sich an geltendes Recht gehalten. Diesen Standpunkt hatten zuvor bereits der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) im Namen der Polizei, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sowie das zuständige Ausländeramt vertreten.

Am 23. August war ein Kirchenasyl im Kapuzinerkloster Münster gewaltsam beendet worden. Der Betroffene kam in Abschiebehaft, kehrte nach einer gerichtlichen Eilentscheidung jedoch in eine kommunale Flüchtlingsunterkunft in Nordkirchen im Kreis Coesfeld zurück. Die Räumung des Kirchenasyls hatte bundesweit Protest ausgelöst, unter anderen von Münsters Bischof Felix Genn.

Kirchenasyl wird „von der Bundesregierung respektiert“

Die Bundesregierung verweist – wie zuvor die unmittelbar an der Räumung beteiligten Behörden – darauf, dem BAMF habe das sogenannte „Härtefall-Dossier“ nicht vorgelegen, als es die Räumung des Kirchenasyls in Münster anordnete. Die deutschen Behörden tolerieren gemäß einer Absprache Kirchenasyle, wenn die kirchlichen Stellen in einem Dossier Gründe gegen eine Abschiebung des Betroffenen erläutern. Ein Kirchenasyl werde vom BAMF und „von der Bundesregierung respektiert“; an entsprechende Vereinbarungen werde sich „das BAMF auch in der Zukunft halten“, wird in der Erklärung der Bundesregierung betont.

Im Fall Issa A. erreichte das Dossier das Bundesamt erst einen Tag nach der Räumung des Kirchenasyls. Dieses Zeitproblem hatten auch die Unterstützer des Ghanaers eingeräumt.

Unterschiedliche Ansichten zu Ungarn

Issa A. sollte nach Ungarn abgeschoben werden. Das Verwaltungsgericht Münster setzte die Abschiebung aber aus, weil die Versorgung von Flüchtlingen in Ungarn nicht den Anforderungen des EU-Rechts und der Europäischen Menschenrechtskonvention genüge. Das Gericht spricht von „systemischen Mängeln“. In der Antwort der Bundesregierung heißt es nun jedoch, solche systemischen Mängel im Sinn europäischer Gerichtsurteile seien für die Bundesregierung in Ungarn „trotz vorhandener Defizite nicht ersichtlich“.

Die Linkspartei, die in ihrer Argumentation mehrfach Berichte der Internet-Redaktion von Kirche+Leben zitiert, verweist dagegen auf die Praxis vor Gericht: Wenn geklagt werde, würden Verwaltungsgerichte in Eilentscheidungen eine Abschiebung nach Ungarn derzeit in etwa sechs von zehn Fällen „vorläufig untersagen“. Das räumt die Regierung ein. Zugleich betont sie, dies bedeute nicht, dass in all diesen Fällen im Hauptverfahren genauso entschieden werde.

Im Klartext: Nach ausführlicher Prüfung im Hauptverfahren ist eine Abschiebung nach Ungarn selbst dann möglich, wenn im Eilverfahren – so wie bei Issa A. aus dem Kirchenasyl in Münster – noch anders entschieden wurde.

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