Justizministerium unterscheidet nicht zwischen den Konfessionen

Kirchenaustritte: In NRW 2022 neuer Höchststand – plus 44 Prozent

  • In Nordrhein-Westfalen ist die Zahl der Kirchenaustritte 2022 erneut deutlich gestiegen.
  • Sie wuchs um 44 Prozent auf 223.509 und erreichte zum zweiten Mal in Folge einen Höchstwert, zeigt eine Statistik des NRW-Justizministeriums.
  • Sie differenziert nicht nach Konfessionen.

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In Nordrhein-Westfalen ist die Zahl der Kirchenaustritte 2022 erneut deutlich gestiegen. Sie wuchs um 44 Prozent auf 223.509 und erreichte zum zweiten Mal in Folge einen Höchstwert, zeigt eine Statistik des NRW-Justizministeriums. 2021 hatten 155.322 Menschen im bevölkerungsreichsten Bundesland die katholische oder evangelische Kirche verlassen.

Die Zahlen beziehen sich auf Austritte, die Kirchenmitglieder vor den 129 Amtsgerichten in NRW erklärten. Da nur manche Gerichte die Konfession erfassen, unterscheidet die Statistik des Justizministeriums nicht zwischen katholischer und evangelischer Zugehörigkeit.

Kirchliche Zahlen im Sommer

Im Jahr zuvor, 2021 kamen laut kirchlicher Statistiken rund 40 Prozent der ausgetretenen Katholikinnen und Katholiken sowie rund 25 Prozent aller Ausgetretenen in NRW aus dem Erzbistum Köln. Kardinal Rainer Maria Woelki befindet sich in einer Vertrauenskrise, die sich unter anderem an der Aufarbeitung der Fälle sexualisierter Gewalt entzündete. Offizielle kirchliche Zahlen für 2022 legt die Deutschen Bischofskonferenz im Sommer vor.

Das Erzbistum Köln nennt den Missbrauchsskandal als einen der Gründe für die hohen Zahlen. "Wir müssen anerkennen, dass der schmerzvolle Weg der Aufarbeitung und andere Krisen das Vertrauen vieler Menschen in die Kirche heftig erschüttert haben", teilte die Erzdiözese der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) mit.

Bistum Münster: Krise macht an Kölner Grenzen nicht Halt

Die Krise wirkt sich auch auf die evangelische Kirche aus - zumindest nimmt es die rheinische Landeskirche so wahr. Besonders im Stadtgebiet Köln seien die Austrittszahlen hoch, heißt es auf KNA-Anfrage. "Dies ist ein Zeichen dafür, dass wir als Protestanten leider in eine Art ökumenische Mithaftung genommen werden."

Auch aus dem katholischen Bistum Münster hieß es, die Krise mache an den Grenzen des Erzbistums Köln nicht Halt. Erste Zahlen einer Stichprobe von "Kirche-und-Leben.de" hatten dies bereits belegt.

Weitere Austrittsgründe

Neben der Missbrauchs-Aufarbeitung und dem damit einhergehenden Vertrauensverlust sehen mehrere Bistümer und Landeskirchen in fehlender Kirchenbindung eine wichtige Motivation, um die Institution zu verlassen. Dass die gestiegenen Lebenshaltungskosten und der Wunsch, Kirchensteuer zu sparen, 2022 zu mehr Austritten führten, konnten sie hingegen nicht bestätigen. Allein die Lippische Landeskirche berichtete von solchen Rückmeldungen.

Austrittswillige müssen in NRW persönlich vor dem Amtsgericht erscheinen. Alternativ können sie ihre Absicht über einen Notar erklären, was verhältnismäßig wenig Menschen tun.

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