Auflösung des Klosters

Klarissen verlassen Bocholt - nach 126 Jahren

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Seit 126 Jahren leben und beten Klarissen in Bocholt abgeschieden in Klausur. Altersgründe zwingen die Gemeinschaft, das Kloster aufzugeben.

Das Bocholter Klarissenkloster wird nach 126 Jahren aufgelöst. Die Klarissen werden Ende des Jahres die Stadt verlassen und in das Klarissenkloster Maria Vesperbild in der Gemeinde Ziemetshausen bei Augsburg ziehen.

„Wir sind uns einig, dass jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, diesen Schritt zu gehen. Unsere Kräfte reichen nicht mehr. Wir können uns nicht überfordern“, sagt Äbtissin Maria Weber im Gespräch mit Kirche+Leben. Die aus dem nahegelegenen Borken stammende 57-jährige Klarissin lebt seit 36 Jahren im Kloster.

Noch vier Klarissen in Bocholt

Sie sieht keine andere Wahl zu dieser Entscheidung: „Bemühungen um eine Zukunft haben sich nicht erfüllt. Eine Postulantin entschied sich für ein anderes Kloster. In der Kirchengeschichte gibt es ein Auf und Ab. Der liebe Gott hat seine Pläne“, sagt die Äbtissin und zitiert aus der Bibel das Jesus-Wort: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht“ (Joh 12,24).

Neben Schwester Maria Weber leben in Bocholt Schwester Gabriele (83), Schwester Maria Hildegard (84) und Schwester Maria Bernadette (38). Vor wenigen Tagen, am 19. August, starb im Alter von 93 Jahren Schwester Ancilla. Sie lebte mehr als 70 Jahre im Kloster und war als sogenannte „Außenschwester“ vielen Bocholtern bekannt.

Requiem für Schwester Ancilla

Das Requiem für Schwester Ancilla ist am Samstag, 24. August, um 14 Uhr in der Klosterkirche. Die Beisetzung folgt am Kloster Maria Vesperbild. „Eingeladen zum Requiem sind alle, die mit Schwester Ancilla verbunden waren und mit uns beten möchten.“

Die Klarissen leben und beten abgeschieden hinter Klostermauern in Klausur. Abgesehen von Arztbesuchen verlassen sie nie ihren Lebensbereich, in dem weder sie noch andere nach Belieben ein- oder ausgehen. Das Leben in Klausur ist eine klösterliche Lebensform, in der sich die Ordensleute freiwillig hineinbegeben, um der größeren Freiheit willen.

Fünf bis sechs Stunden Gebet täglich

In der Spiritualität der Klarissen bedeutet Geschlossenheit, wirklich da zu sein, wo sie sind, sich zu sammeln im Verzicht auf Ablenkung, freiwillig arm zu sein, um Freiheit zu gewinnen, und miteinander vor Gott zu beten und zu schweigen. Der Tagesablauf ist durch feste Gebetszeiten geprägt.

Die Klarissen beten etwa fünf bis sechs Stunden am Tag. Der Laudes am frühen Morgen um 5.30 Uhr folgen die Terz um 7.45 Uhr, die Sext um 11.30 Uhr, die Non um 15.30 Uhr, die Vesper um 17 Uhr sowie die Komplet und Lesehore um 19 Uhr.

Tägliche Anbetungsstunde

Wochentags feiern die Klarissen jeden Morgen um 7 Uhr mit ihrem Hausgeistlichen, Pfarrer Thomas Burg, die Eucharistie. Zehn bis 15 Gottesdiensteilnehmer aus der Nachbarschaft oder Stadt kommen regelmäßig dazu. Darüber hinaus halten die Klarissen täglich eine Anbetungsstunde vor dem ausgesetzten Allerheiligsten Altarsakrament.

Das Kloster hatte trotz seiner Abgeschiedenheit immer eine enge Verbundenheit zu den Bocholtern und den Menschen aus der Region. In der Geschichte waren und sind die Klarissen auf Unterstützung angewiesen, denn außer den Erzeugnissen aus dem großen Klostergarten leben sie ausschließlich von Spenden.

Bäcker spenden Brot und Kuchen

Regelmäßig kamen und kommen Menschen zum Kloster, um Lebensmittel und Dinge des alltäglichen Bedarfs vorbeizubringen. „An jedem Samstag bekommen wir von einem Bäcker Brot und Kuchen“, sagt die Äbtissin. Die Tradition sei entstanden, als eine frühere Bäckerei-Verkäuferin in das Kloster eintrat und der Bäcker daraufhin versprach, die Ordensfrauen regelmäßig zu versorgen. Die Tradition habe dann die Bocholter Bäckerei-Innung fortgesetzt.

Im Alltag vollzieht sich die Spendenübergabe praktisch: „Wir schreiben auf einen Zettel, was wir benötigen. Eine Besucherin oder ein Besucher besorgt uns das. Wir schätzen diese Hilfe“, sagt Schwester Maria Weber und fügt an: „Wir danken allen, die uns in unserer Lebensform unterstützt haben.“

Abschiedsgottesdienst am 8. Dezember

Die Klarissen planen ihren Umzug im Dezember. Der Abschiedsgottesdienst wird voraussichtlich am 8. Dezember in Stille gehalten werden. „Es soll ein geistlicher Abschied werden. Vielleicht bieten wir einen kleinen Basar an mit Dingen, die wir nicht mehr benötigen“, sagt die Äbtissin. Der Abschiedstag sei wie jeder andere ein Tag des Gebets.

Nach dem Auszug der Klarissen droht der Klosterkirche und den Gebäuden der Abriss. Auf dem 5.000 Quadratmeter großen Grundstück könnten Wohnhäuser entstehen. Entsprechende Überlegungen stellt die Pfarrei St. Georg als Eigentümer des Geländes und der Immobilien an. Ein Unterhalt der Gebäude ist keine Alternative: Die Räume sind einfach, es gibt weder Heizung noch warmes Wasser.

Abriss der Klosterkirche wahrscheinlich

Mit der Nachnutzung ist ausschließlich die Pfarrei betraut, wie die Äbtissin sagt: „Das Kloster ist allein für die Klarissen gebaut worden. Ein Umbau ist kaum zu finanzieren. Der Abriss ist zwangsläufig. Alles hat seine Zeit.“

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