BISTUM MÜNSTER

Hamers ernennt Klaus Winterkamp zu seinem Ständigen Vertreter

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Neuer Titel, alte Funktion: Wie der bisherige Generalvikar über Reformen und Visionen denkt - und was er bisher alles gemacht hat.

Der heute gewählte Diözesan-Administrator Antonius Hamers hat als seinen Ständigen Vertreter Domkapitular Klaus Winterkamp (58) ernannt, der bislang schon als Generalvikar die Verwaltung des Bistums Münster geleitet hat. Hamers und Winterkamp bleiben in diesen Funktionen, bis ein neuer Bischof eingeführt ist - was einige Monate dauern wird. Am gestrigen Tag hatte Papst Franziskus den altersbedingten Rücktritt von Bischof Felix Genn nach 16 Jahren im Amt angenommen.

Winterkamp ist waschechter Münsteraner, dessen Familienwurzeln dort bis ins 17. Jahrhundert zurückreichen, wie er einmal in einem Video für das Stadtmuseum erzählte. 1966 wurde Winterkamp in Münster geboren, studierte nach dem Abitur Theologie in seiner Heimatstadt und in Wien. 1992 zum Priester geweiht, wurde er zunächst Kaplan in Ahlen, anschließend in Recklinghausen und zum weiteren Studium freigestellt, das er mit einer Doktorarbeit beim Fundamentaltheologen Hermann Josef Pottmeyer über das Verhältnis von Bischofskonferenz und Kollegialität abschloss.

Caritas und Katholikentag

2001 wurde Winterkamp Pfarrer in Bocholt. 2009 wählten ihn seine Mitbrüder in den Priesterrat. Ein Jahr später wechselte er als Vorsitzender des Diözesan-Caritasverbands nach Münster. 2013 wurde Winterkamp Mitglied des Domkapitels und als Zeremoniar für die Liturgie in Münsters Dom verantwortlich.

Im Jahr darauf übernahm Winterkamp die Aufgaben des Diözesanbeauftragten für den Deutschen Katholikentag in Münster, der 2018  mit rund 90.000 Teilnehmenden einer der größten der jüngeren Zeit war. Im Oktober 2018 ernannte ihn Bischof Felix Genn zum Generalvikar und damit zu seinem Stellvertreter sowie zum Leiter der Bistumsverwaltung in Münster.

Missbrauch und Pastorale Räume

In seine Amtszeit fiel 2019 sowohl die Installierung des ersten Interventionsbeauftragten als auch die Entscheidung, den sexuellen Missbrauch im Bistum Münster seit 1945 von einem unabhängigen Expertengremium aus Historikern untersuchen zu lassen. Die Ergebnisse wurden 2022 vorgestellt.

Das wohl größte Projekt war die Neustrukturierung der Pfarreien und Gemeinden ab 2021 zu Pastoralen Räumen. Zum 1. Januar 2024 wurden 45 eingerichtet – mit Seelsorgeteams, Verwaltungsaufgaben und auch Laien in Leitungspositionen. Hintergrund sind die Rückgänge bei Kirchenmitgliedern, Kirchensteuern und pastoralem Personal. Auch die bischöfliche Verwaltung stellte er neu und verschlankt auf.

Reformen und Frauen

Winterkamp gilt kirchenpolitisch als reformoffen. Bei einem Talk von Kirche+Leben und dem Diözesankomitee im Bistum Münster zum Synodalen Weg, an dem Winterkamp als Delegierter teilnahm, sagte er etwa: „Die Amtsfrage stellt sich für alle – auch für die Frauen.“ Er kann sich vorstellen, dass neue Ämterformen entstehen. Auch der Ständige Diakonat sei nach Jahrhunderten wiederbelebt worden.

Mit Blick auf die Reformdiskussion sagte er bei derselben Veranstaltung, der Synodale Weg bleibe eine recht binnenkirchliche Debatte. Von Gesprächen mit jugendlichen Verwandten berichtete er nüchtern: „Die sind mit ihren Fragen und Themen so weit weg von Kirche – und wir kriegen das gar nicht mit.“

„Warum auf Lösungen von oben warten?“

Die kirchliche Großwetterlage beschrieb Winterkamp bei einer Veranstaltung in Ahlen 2022 als bescheiden. Zugleich warnte er: „Wir müssen uns von diesem nostalgischen Blick verabschieden. Es ist nicht mehr wie 1992.“

Bei all dem ermutigte er dazu, „Salz der Erde“ zu bleiben: „Warum warten Sie immer auf Lösungen von oben?“ Es gebe nicht die eine Lösung für das Bistum Münster. „Sie gestalten Ihr Christsein vor Ort doch jetzt schon sehr individuell!“ Die Menschen suchten nach wie vor nach Sinn. Dafür müsse die Kirche passende und niedrigschwellige Angebote machen.

Der damalige Generalvikar sprach sich klar für eine zeitliche Begrenzung von Ämtern auf allen Ebenen auf höchstens zwölf Jahre aus. Und er machte deutlich, dass es aus seiner Sicht keine theologisch tragfähige Begründung dafür gebe, Frauen vom Priestertum auszuschließen. Auch in der Frage des Zölibats müsse sich die Kirche öffnen. Das alles aber könne nicht im Alleingang in Deutschland beschlossen, sondern nur für die Weltkirche geregelt werden.

Visionen und AfD

Winterkamp ist kein Träumer, von „Visionen“ hält er nichts. Er setzt vielmehr auf Realismus und wasserdichte Argumentationen – sowohl theologisch als auch politisch. Als sich die Deutsche Bischofskonferenz vor einem Jahr in einer Erklärung deutlich gegen die AfD positionierte, warnte Münsters Generalvikar: Mit Blick auf Ehrenamtliche in den Gemeinden, die AfD-Positionen teilten oder Parteimitglieder sind, brauche es rechtssichere Regelungen.

Überstürzte Reaktionen und Aktivismus sind Winterkamps Sache nicht – auch angesichts rasanter Veränderungen von Kirche und Gesellschaft. Nüchtern und engagiert zugleich stellte er in einem großen Kirche+Leben-Leitartikel zum Jahresbeginn 2024 fest: „Veränderungen gab es immer wieder in der Geschichte des Christentums und der Kirche. Die aktuellen Veränderungen sollten uns alle, die wir an Jesus Christus und seine befreiende und froh machende Botschaft glauben, nicht entmutigen. Er hat uns nicht verheißen, Masse zu sein – er hat uns nur verheißen, Salz zu sein. Und wer auch nur ein wenig kocht, weiß, dass Salz unter den Zutaten meistens quantitativ ziemlich gering ist.“

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